In diesem Teil der kleinen Artikelreihe über Unternehmensmetaphern schreibe ich über die Metapher von der Organisation als politischem System.
Der Kerngedanke dieser Metapher ist, dass in der Organisation die Verfolgung von persönlichen Interessen, nicht jedoch die Nützlichkeit des Handelns für das Unternehmen im Vordergrund stehen. Es geht also nicht darum, Ziele für das Unternehmen zu erreichen.
In dieser Metapher spielen informelle Netzwerke zur Machtausübung eine große Rolle. Eine Analyse der Organisation, fokussiert auf die Beziehungen zwischen Interessen, Konflikt und Macht, wird folgendes zu Tage fördern: Eine Organisation, die als lose geknüpfte Netzwerke von Menschen mit unterschiedlichen Interessen besteht. Diese Netzwerke finden sich zum Zweck gegenseitigen Nutzens zusammen.
Bei diesen Netzwerken finden wir wiederum drei unterschiedliche Ausprägungen:
- In einem zentralistischer Ansatz ist die Gesellschaft ein einheitliches Ganzes, in dem die Interessen der Individuen und die der Gesellschaft identisch sind.
- In einem pluralistischer Ansatz werden die plurale Natur der Interessen, Konflikte und Machtquellen stärker betont.Verschiedene Gruppen verhandeln dabei miteinander um ihren Anteil am Machtgleichgewicht.
- Der radikale Ansatz sieht die Gesellschaft als Sammelbecken vieler verschiedener gegensätzlicher Klasseninteressen.
Wie stark auch immer der jeweils vorgefundene Ansatz ausgeprägt sein mag, immer stellt die untersuchte Organisation ein System dar, in dem „politische Interessen“, also die Ausübung von Macht und ihr Erhalt eine wichtigere Rolle spielen als die eigentlichen Unternehmensziele.
Stärken der Metapher: Die Metapher thematisiert die Schlüsselrolle von Macht, während andere Ansätze die Beziehung zwischen Macht und Organisation eher verharmlosen. Zudem zerstört sie den Mythos von Rationalität in Organisationen. Man muss sich fragen lassen, in wessen Sinn das oft formulierte rationale, effiziente, zielgerichtete und wirksame Vorgehen in Unternehmen eigentlich steht, wo doch Partikularinteressen im Vordergrund stehen?
Schwächen der Metapher: Unter dem Einfluss der politischen Sicht wird plötzlich alles politisch, alles Denken und alle Ansichten werden als machterhaltend gedeutet. Oder aber das Bild verwandelt sich zu einem Werkzeug, das man statt zum Erlangen von mehr Verständnis lieber dafür einsetzt, die eigenen persönlichen Interessen besser durchzusetzen.
Erweiterung der Metapher für Veränderungen:
Um Veränderungen in einem solchen System bewirken zu können, muss man die „informellen Leader“ identifizieren und einbinden. Wenn sie sich von der Veränderungen positive Auswirkungen auf ihr Machtgefüge versprechen, werden sie den Wandel propagieren und durch ihr Netzwerk voran treiben. Beachten muss man dabei, dass die Veränderung in diesem Fall wellenförmig und nicht zeitgleich verlaufen. Erst wenn die informellen Leader ihre „Genehmigung“ gegeben haben, werden die von ihnen betriebenen Netzwerke die Veränderung annehmen und mittragen.