Ausgangslage

Die Teilnahme am SerWiss-Projekt zwischen März 2020 und Februar 2023 hat uns ermöglicht, dem
Themenkomplex „Wissensmanagement im Mittelstand“ eine Aufmerksamkeit zukommen zu lassen,
die wir uns bis dahin nicht herausgenommen hatten.
Der Mittelstand beschäftigt 56% der deutschsprachigen Arbeitnehmer und gilt nicht umsonst als
wichtiger Wirtschaftsmotor Deutschlands.1 Der internationale Wettbewerb, den die Globalisierung
mit sich gebracht hat, führt dazu, dass auch der Mittelstand sich ständig weiterentwickeln und mit
den neusten Standards mithalten muss, den Kunden an den Service eines Unternehmens stellen.
Die intensive Arbeit im SerWiss-Projekt2 haben wir im Portal SerWiss.htwg.de3 ausführlich
dokumentiert. Die Ergebnisse haben uns vor allem vor Augen geführt, dass bei der Umsetzung von
Wissensmanagement-Methodologien wie Knowledge Centered Service eine große Lücke zwischen
Großunternehmen und Mittelständlern klafft, bei der letztere durch einen intensiveren Druck, ihre
Ressourcen effektiv einzusetzen, bei der Umsetzung vor größeren Problemen stehen, als die Konzerne
und Großunternehmen, die die Methodologie entwickelt haben. 4
1
(Statistisches Bundesamt, 2021)
2
(Europäischer Sozialfonds, 2020)
3
(HTWG Konstanz, 2020)
4
(pro accessio GmbH & Co. KG, 2024)
Durch unsere Vortragsarbeit, bei der wir mit vielen Interessenten in Kontakt kommen, wussten wir,
dass häufig ein großes Interesse an einer Wissensmanagement-Methodologie von einer noch
größeren Sorge überschattet wird, dass man sich an dem Thema „verschluckt“. Häufig werden wir
dann nach mittelstandsfreundlichen Alternativen gefragt. Dahinter verbirgt sich meistens die Frage
nach einer „kleinen Version“ von KCS, die man später vielleicht erweitern kann – bei einem
systemischen Ansatz wie Knowledge Centered Service kein so leichter Auftrag! Die CoVID-19-
Pandemie hatte uns allerdings im SerWiss-Projekt vor noch nie dagewesene Herausforderungen
gestellt,5 was eine KCS-Umsetzung anging, von schlechten Ausgangsvoraussetzungen auf technischer
Seite, über dezimierte Zeitressourcen, bis zu der Frage, ob es überhaupt einen Weg gab, das Projekt
noch zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Diese Herausforderungen haben uns zu einigen
unserer stärksten kreativen Leistungen gezwungen, mit denen wir bis dato konfrontiert waren.
Diese Erkenntnisse wollten wir gerne in unsere weitere Beratungsarbeit einfließen lassen, sodass wir
uns im Frühjahr 2023 entschieden, ein Angebot zu erarbeiten, dass die wichtigste Hürden für
Mittelständler bewältigbar machen sollte:
– Freie und flexible Zeiteinteilung, unabhängig von Workshop-Terminen
– Kleinschrittiges Vorgehen, um auch für kleine Teams zugänglich zu sein, ohne vor Bergen zu
stehen
– Messbares Vorgehen

Theorie & Vorgehen

Entwicklung Programm

Da das SerWiss-Programm durch die CoVID-19-Pandemie von zahlreichen Verzögerungen betroffen
war,6 hatte die pro accessio GmbH & Co. KG eine Reihe von Materialien entworfen, die dem Zweck
dienen sollten, die Lerninhalte und wichtigen Umsetzungsaktivitäten einer KCS-Umsetzung den
flexiblen Zeitbedarfen und den Social-Distancing-bezogenen Anforderungen gerecht zu werden. Zu
diesen Materialien gehören eine Reihe Whitepaper7
, die die Kommunikation der nächsten Schritte zu
einem Zeitpunkt erleichtern sollte, zu dem Teammeetings aufgrund von Kurzarbeit nicht realisierbar
waren. Ebenfalls entstanden sind zwei Arbeitshefte8
, die durch die Bearbeitungsschritte der zwei
interaktivsten Umsetzungsworkshops, nämlich den Assessment Workshop und die Design Session
leiten sollten. Dabei handelte es sich um eine Absicherung, für den Fall das die Pandemie es nicht
erlaubt hätte, in der Projektlaufzeit einen Workshop mit allen Teilnehmenden zu organisieren, sodass
die zu bewältigenden Aufgaben ohne größere Gruppenversammlungen hätten stattfinden können.
Da die meisten Workshops trotz durch Kurzarbeit minimierter Verfügbarkeiten dennoch virtuell
stattfinden konnten, wurden virtuelle Poster9
für die Design Session entwickelt, um den
Gruppenarbeitsprozess zu protokollieren. Darüber hinaus entstanden eine Reihe modifizierter
Agenda-Entwürfe, in denen die einzelnen Workshops so modular aufgeteilt wurden, wie es bisher
noch nicht bei KCS-Workshops notwendig gewesen war. 10
Des Weiteren entstand eine umfassende Sammlung an Kommunikation zu den Problemen der
Vereinbarkeit des ursprünglichen KCS-Curriculums, in der eine Vielzahl an Problemen, wie der
5
(pro accessio GmbH & Co. KG, 2024)
6
(pro accessio GmbH & Co. KG, 2024)
7 Vgl. https://www.pro-accessio.de/shop/#whitepaper
8 Vgl. https://www.pro-accessio.de/shop/#Helferf%C3%BCrSelber-Macher
9 Vgl. https://www.pro-accessio.de/shop/#Helferf%C3%BCrSelber-Macher
10 (pro accessio GmbH & Co. KG, 2024)
Umsetzungs- und Workshopumfang, das Timing und den bisher definierten Mindestanforderungen
adressiert wurden.
Nach Projektabschluss mit Beginn des März 2023 begann die unternehmensseitige Analyse der
Ergebnisse des Projekts auf ihre weitere Verwertbarkeit. Da die Schlussfolgerung des Projekts
bezüglich der Methodik war, das sowohl Knowledge Centerd Service, als auch Intelligent Swarming
sehr gut geeignet sind, um den Mittelstand zu unterstützen, die Ziele und Voraussetzungen sich
allerdings stark von denen bei Konzernen unterscheiden11, stellte sich nun nachträglich die Frage: gibt
es allgemeine Schlussfolgerungen, die vom Projekt auf den gesamten Mittelstand übertragen werden
können? Und wie können diese Schlussfolgerungen Eingang in die Beratungstätigkeit der pro accessio
GmbH & Co. KG finden?
Die im Projekt gesammelten Materialien wurden dann nach einem Top-Down-Ansatz den jeweiligen
Umsetzungsaktivitäten des übergeordneten KCS-Rahmenmodells zugeordnet und daraus eine Liste an
Anpassungswünschen zusammengestellt. Diese Änderungswünsche wurden dann in einer
Gestaltungsphase versucht mit den vorhandenen Mitteln der pro accessio GmbH & Co. KG
umzusetzen. Durch mehrere Iterationen ergaben sich 13 Module, die auf die Ergebnisse des SerWissProjekts aufbauen, die neben den bestehenden Materialien wie Arbeitsheften, Postern und
Whitepapern auch Checklisten, Planer und Rechner umfassen. 12
Der Zeitrahmen für das 12-Wochen-Programm wurde auf der Basis kalkuliert, wie viele Stunden ein
Programmleiter in Teilzeit für die Aufgabe mitbringen kann. Die Wahl fiel auf einen Umfang von 20-
30% der wöchentlichen Arbeitszeit, ein Wert der von den Anwendungspartnern gegen Projektende
geschätzt wurde und von den Fachexperten der pro accessio GmbH & Co. KG vor dem Hintergrund
ihrer Implementationserfahrung mit verschiedenen Kunden als realistisch bestätigt wurde. Dieser
Zeitaufwand wurde mit dem üblichen Zeitaufwand verrechnet, den die pro accessio GmbH & Co. KG
standardmäßig für die Durchführung der modulbezogenen Aufgaben kalkuliert. Für den Testlauf
wurde dieser Zeitwert direkt übernommen und mit einer optionalen Verlängerung auf die doppelte
Dauer geplant, da zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar war, welchen zeitsparenden Effekt die
Erfahrung der pro accessio Berater auf die Durchführung der Aufgaben hat.
Die entwickelten Module wurden dann in einen neu eingerichteten Mitgliederbereich der pro
accessio Website intergiert und nur für die rekrutierte Testgruppe freigeschaltet. Die Module wurden
trotz einer vorgeschlagenen Reihenfolge nicht-konsekutiv präsentiert und standen den Nutzern somit
von Tag 1 an vollständig zur Verfügung.

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Vorgehen

Evaluation Programm

Da das Programm hauptsächlich aufgrund theoretischer Überlegungen entstanden war, wollten wir
einen Testlauf in der Praxis starten und überprüfen, wie sich unsere Prognosen zur Effektivität der
Module in der Praxis verhalten.
Die Evaluation des 12-Wochen-Programms wurde in eine Modul- und eine Gesamt-Evaluation
unterteilt. Bei den Modulevaluationen ging es uns vornehmlich darum, herauszufinden ob die
bereitgestellten Materialien einen guten Eindruck vermittelt hatten und von den Testern genutzt
wurden. Bei der Gesamtevaluation ging es uns darum, eine Veränderung der Wissensarbeit zu
beobachten, die den Einfluss des Programms beschreiben würde. 13
11 (pro accessio GmbH & Co. KG, 2024)
12 Vgl. https://www.pro-accessio.de/course/12-wochen-kcs-programm/
13 (Consortium for Service Innovation, 2022)
Effektiv lässt das Programm sich in zwei Hälften unterteilen. Zunächst gibt es eine Planungs- und
Gestaltungsphase analog der gleichnamigen Phase klassischer KCS-Umsetzungen14, die mit dem
Modul „Design Session“ abgeschlossen wird. Daraufhin folgt eine verkürzte Umsetzungsphase, die
effektiv der Welle 1, dem Abschluss der Planungs- und Gestaltungsphase im klassischen KCS
entspricht, bei kleinen Umsetzungen aber analog der Phase „Umsetzung in Wellen“ ausfallen kann.
Die Gesamtevaluation besteht deshalb aus 3 Messzeitpunkten: eine Vorab-Messung, die zeitgleich
mit dem Assessment-Modul stattfinden kann, einer Zwischenmessung zum Zeitpunkt der Design
Session, die den vorbereitenden gestaltenden Part des Programms abschließt, und eine NachherMessung, die sich auf den Abschluss des Programms nach der bis hierhin erfolgten Umsetzung in die
Praxis bezieht.
Für das Gesamtprogramm interessieren uns neben klassischen Kennzahlen der Wissensarbeit (bspw.
Lösungszeit, Erstlösungsrate, Vorfallsvolumen, …) auch der investierte Aufwand und die
wahrgenommene Machbarkeit des Programms und der einzelnen Module, sowie die Entwicklung der
Wahrnehmung von unterstützenden oder hinderlichen Umgebungsfaktoren wie bspw. der
Unterstützung durch Vorgesetzte, die Unternehmenskultur und der Zuwachs von Fachwissen.
Für die Evaluation der einzelnen Module wurden insgesamt 16 Umfragen angelegt, die anonymisiert
erfolgt sind und über den Programmverlauf von den Testern jeweils beantwortet wurden, wenn diese
das Modul abgeschlossen hatten und auskunftsfähig zu den Fragen waren.
Es handelt sich hiermit bei der Gesamtevaluation um ein Längsschnittdesign mit 3 Messzeitpunkten
und bei den Modulevaluationen um ereignisausgelöste Querschnittsstudien. Die Befragungen
erfolgten allesamt computergestützt online

Stichprobe

Da das 12-Wochen-Programm sehr theoretisch aufgebaut ist und sich vor allem auf Literatur zu
Knowledge Centered Service bezieht, war ein Praxistest vor dem offiziellen kommerziellen Start
notwendig, um die externe Anwendbarkeit des Konzepts zu überprüfen. Zu diesem Zweck erfolgte
zwischen Mai und Juni 2023 die Rekrutierung von Freiwilligen via Internet. Der Aufruf galt Firmen und
Teams, die ein Wissensmanagement aufbauen wollten, und dafür die Zeit, jedoch nicht zwingend die
finanziellen Mittel für eine externe Beratung hatten. Im Rahmen von Interessentengesprächen
wurden die gegenseitigen Erwartungen und der voraussichtliche Ablauf, sowie der notwendige
Aufwand besprochen um sicherzustellen, dass der Test im angepeilten Zeitraum erfolgreich
durchlaufen werden konnte. Die Zahl der Plätze war aus ökonomischen Gründen von vornherein auf
maximal 5 Tester begrenzt. Schlussendlich konnten 3 Teams für den Testlauf gewonnen werden, die
sich auf den Aufruf freiwillig gemeldet haben.
Das bedeutet, dass von vornherein klar ist, dass es sich hierbei ausschließlich um eine explorative
Studie handeln kann, da durch die sehr unterschiedlichen Voraussetzungen der Tester eine hohe
Varianz in den Kennwerten und somit keine richtige Vergleichbarkeit vorliegt.

Ablauf

Alle Tester wurden in einer Vorbesprechung mit den Inhalten und dem Ablauf des Programms
vertraut gemacht. Die Zugänge wurden im Juli 2023 in Form von Zugangscodes ausgeteilt, mit denen
sich die Tester ihren eigenen Programm-Account anlegen konnten.
Die Evaluation des Programms fand sowohl auf Gesamt-Programmebene als auch auf Modulebene
statt.
14 (Consortium for Service Innovation, 2022)
Die Evaluation auf Programmebene bestand aus einem Fragebogen, der computergestützt zu drei
verschiedenen Zeitpunkten des Programms im Rahmen eines Modulabschlusses abgefragt wurde. Als
Zeitpunkte wurden das Vorbereitungs-Modul, das Design Session Modul und das Review-Modul
ausgewählt. Das Vorbereitungs-Modul stellt dabei die Vorher-Messung dar, die als Baseline für die
weiteren Messungen herhält. Als mittlerer Zeitpunkt wurde die Design Session ausgewählt, da hier
der Übergang zwischen Planung in die Umsetzung verortet ist. Der Zeitpunkt erfasst somit die
theoretische Zufriedenheit, und der Review-Zeitpunkt damit nicht nur die Gesamt-Veränderung seit
Beginn sondern auch die Einstellungsänderung, die bei der Umsetzung in die Praxis stattfindet.
Inhaltlich wurden Einschätzungen zum Aufwand, der Ergebniserwartung, den Umgebungsfaktoren
und der fachlichen Expertise bezüglich KCS abgefragt, sowie vereinzelte Kennwerte, in der Hoffnung
erste Hinweise auf die Wirksamkeit des Programms gewinnen zu können.
Die einzelnen Modulbefragungen fanden pro Modul statt und fragten die Zufriedenheit mit den
bereitgestellten Inhalten sowie deren Nutzung ab. Die Evaluationen wurden von den Testern jeweils
bearbeitet, wenn das Modul abgeschlossen wurde. Vereinzelte Module wurden bei der gemeinsamen
Review am Ende ausgefüllt, sofern die Module nicht planmäßig abgearbeitet werden konnten. Diese
wurden in den Kommentaren entsprechend gekennzeichnet.

Ergebnisse

Fachlich

Die Ausprägung der Fachkenntnisse zu
Wissensmanagement und KCS wurden in Form eines
nicht-validierten Kurztest in jeder der drei größeren
Programmevaluationen erhoben. Die Fragen orientierten
sich dabei am offiziellen Study Guide des Consortiums
for Service Innovation. 15
Die meisten Tester kamen mit einem gewissen Grad an
Vertrautheit mit den fachlichen Hintergründen von KCS
in das Programm. Dieser Grad an Vertrautheit liegt
wahrscheinlich über dem des durchschnittlichen Nutzers
des Programms. Allerdings ist ebenfalls davon auszugehen, dass zukünftige Nutzer des Programms
ebenfalls einige Vorkenntnisse mitbringen werden, da die Entscheidung für ein solches Programm
höchstwahrscheinlich nicht blind, sondern informiert aufgrund von selbstständig gesammelten
Vorinformationen getroffen wird.
Trotz des vergleichsweise hohen fachlichen Wissensstand konnte eine Verbesserung der KCSKenntnisse um im Schnitt 10% festgestellt werden. Diese Entwicklung deckt sich mit der
Wahrnehmung der Tester, die von dem Gefühl berichten, durch das Programm ihre Fachkenntnisse
vertieft zu haben.

Programmerfolg

Über den Verlauf des Programmes konnten kontinuierliche Steigerungen der Erstlösungsrate sowie
ein sinken der Lösungszeiten beobachtet werden. Diese Entwicklungen entsprechen denen einer
typischen KCS-Umsetzung und legen somit nahe, dass das 12-Wochen-Programm ähnlich wie eine
normale angeleitete KCS-Umsetzung funktioniert.
Kommentare in der Evaluation deuten darauf hin, dass die Tester das Gefühl haben, dass sich ihre
Leistungsfähigkeit verbessert hat. Dabei bezogen Sie sich vor allem auf die bessere Auffindbarkeit von
Wissen, ein gesteigertes Gefühl der Sicherheit beim
Arbeiten mit diesem Wissen und das Gefühl weniger sich
wiederholender Fragen durch Kollegen.
Einzelne Kennwerte, wie die Erstlösungsrate und das
Verhältnis bekannter Probleme im Vergleich zu neuen
unbekannten Problemen stagnierten häufig ab Mitte des
Programms. Auf die ausgebliebene Veränderung
angesprochen nannten die Tester vor allem zwei
Hauptgründe, die aus ihrer Perspektive einen Einfluss
hatten:
Der am häufigsten und nachdrücklichsten
kommunizierten Grund ist, dass das Erheben der Kennzahlen zu Beginn des Programms noch nicht
ausreichend ausgebaut war und teilweise bis Abschluss des Programms nicht umgesetzt werden
konnten. Daher sind die ausbleibenden Verbesserungen zwischen T2 und T3 vor allem auf fehlende
Daten zurückzuführen.
Der am zweithäufigsten genannte Grund ist die vergleichsweise kurze Praxisdauer, da ein großer Teil
des Programms von theoretischen Vorbereitungsübungen eingenommen wurde, die durch
Verzögerungen wie Urlaubsphasen und Krankheitsphasen ausgedehnt wurden. Entsprechend sei
nicht genug Zeit übrig geblieben, um statistisch signifikante Veränderungen zu messen. Dies hat sich
in unseren Erhebungen zum Erleben des Programms und der Umweltfaktoren ebenfalls
niedergeschlagen:

Probleme

Alle Tester berichten von einem Zeitmangel und konkurrierenden Projekten, die es ihnen erschwert
haben, den Zeitplan einzuhalten. Die Auswirkung war in allen drei Fällen, dass dem
Wissensmanagement-Projekt nicht die eigentlich veranschlagten 2-3 Stunden pro Tag zugewiesen
worden, sondern deutlich weniger. In den Augen der Tester ist das Programm also in 12 Wochen
absolvierbar, jedoch nur wenn diesem eine ausreichende Priorität zugewiesen wird.
Ein weiteres Problem ist der in den meisten Fällen sehr
gering angesetzte Umsetzungsrahmen von teilweise nur
1.5 Vollzeitstellen, die mit dem Wissensmanagement
arbeiten müssen. Die Skala macht es noch schwerer,
Ergebnisse zu erzielen, da Effizienzgewinne durch
Wissensnutzung meist für sich einzeln sehr gering sind
und sich über die Skala des Programms addieren. Auf der
anderen Seite führte dies zu noch weniger
Personalressourcen, die sich bei der Gestaltung und
Umsetzung eingebracht haben.
Die meisten Tester schreiben diese Probleme eine nicht
ausreichenden Wichtigkeit des Vorhabens bei den
Vorgesetzten zu, weshalb diese dem Programm nicht „den Rücken frei halten“ und Unterbrechungen
begünstigen, die das Programm und seine Umsetzung ausbremsen oder für kurze Zeit stoppen.
Abschließend sei erwähnt, dass darüber hinaus die technische Infrastruktur das Arbeiten mit
Kennzahlen für alle Teilnehmenden erschwert hat, was sich wiederum negativ auf die Steuerung und
Messung der Auswirkung des Programms ausgewirkt hat. Zwei Tester hatten weder zu Beginn noch zu
Ende ein zuverlässiges Kennzahlensystem, mit dem sie Kennwerte erheben konnten. Nur ein Tester
stand zum Ende des Programms kurz davor, ein entsprechendes Dashboard verwenden zu können,
um zukünftig die entsprechenden Kennwerte zu erheben.
Durch diese fehlende Infrastruktur und Unterstützung waren die Tester zu jedem Zeitpunkt auf ihr
Bauchgefühl angewiesen, wenn sie Entscheidungen treffen mussten, was bedeutet, dass belastbare
Nachweise ausgeblieben sind.

KCS Kultur

Im Bereich der Nähe zwischen der herrschenden Firmenkultur und den KCS-Werten konnte die
geringste Verbesserung beobachtet werden – tatsächlich weisen die Werte auf eine Verschlechterung
hin. Da bei keinem der Tester im Programmzeitraum eine Change Management Initiative parallel
durchgeführt wurde, gehen wir zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass die erste Einschätzung der Tester
etwas zu optimistisch erfolgt ist, und die Planung und
Durchführung des Piloten Schwächen und Unterschiede in
der herrschenden Kultur haben hervortreten lassen, die
den Testern vorab in dieser Form nicht bewusst waren.
Wenn man aus dieser explorativen Datenlage ein Fazit zu
diesem Thema ziehen möchte, dann dass das Programm
eine größere Veränderung darstellt, als man im ersten
Moment vermutet und durch das Programm Probleme und
Schwächen zutage treten können, die sonst im Alltag
weniger Einfluss haben.

Module

Wir haben außerdem eine Evaluation für jedes einzelne Modul durchgeführt, um zu erfragen, ob die
Module als machbar und hilfreich empfunden wurden, und welche Materialien genutzt wurden.
Die Bewertung der Module ist durchweg positiv mit überdurchschnittlichen Bewertungen (4,37
Punkten aus 5) ausgefallen. Wir konnten beobachten, dass die interaktiven Materialien mehr genutzt
wurden, als die rein informativen Materialien und durchweg als nützlich bewertet wurden.
Die geringste Zufriedenheit haben wir mit dem Modul „Software“ erhoben, das allerdings auch zu
den generell am wenigsten ausgeschöpften Modulen gehört. Wir führen diese Bewertung darauf
hinaus, dass uns alle Tester von wenig Spielraum im Bereich Software berichtet haben, sodass
festzuhalten ist, dass das Modul für die ausgewählten Tester größtenteils uninteressant war.
Weitere Module, deren Materialien zu weniger als der Hälfte genutzt worden, sind die Module
Vorbereitung, KCS Rat, Review und Ausblick. Die Module Vorbereitung, review und Ausblick haben
vornehmlich strukturierenden Charakter, sodass wir uns vorstellen können, dass sie aufgrund des
empfundenen Zeitdrucks als „zweitrangig“ empfunden wurden. Zum Modul des KCS Rats haben wir
häufig das explizite Feedback erhalten, dass sich ein förmliches KCS Team zum Testzeitpunkt für die
Tester nicht anbot, da das Programm nicht den notwendigen Rahmen vom Management eingeräumt
bekam. Es handelt sich hierbei also aller Voraussicht nach um ein bewusstes Auslassen des Moduls
und weniger echte Unzufriedenheit mit den bereitgestellten Materialien.
Im Schnitt haben die Tester rund die Hälfte aller Materialien einer Einheit genutzt. Die Passung von
Zeit zu Inhalt wurde mit 4.59 von 7 Punkten bewertet, wobei 3 die goldene Mitte einer perfekten
Passung bedeutet hätte. Die Tester empfanden den Zeitaufwand pro Modul also als etwas intensiver
als ideal.

Diskussion

Was die Evaluation zeigen konnte ist, dass das Programm Knowledge Centered Service für kleine
Teams mit wenigen Ressourcen wesentlich handhabbarer macht und zu einer deutlichen
Verbesserung der Fachkenntnisse rund ums Wissensmanagement führt. Außerdem berichten alle
Beteiligten von einer positiv wahrgenommenen Veränderung durch das Programm, was die
Effektivität und Effizienz der Arbeit angeht.Teilweise sehr starke Einzelergebnisse sind erfreulich, an
dieser Stelle aber nicht ohne Einschränkungen auf alle potenziellen Kunden übertragbar.
Was die Evaluation leider nicht zeigen konnte, ist eine konsequente Leistungssteigerung in den
Kennzahlen, was vor allem auf den zu kurzen Umsetzungszeitraum nach dem vergleichsweise langen
Planungszeitraum zurückzuführen ist. Um die Wirksamkeit des Programms nachzuweisen, bräuchte
es eine erneute Messung zu einem späteren Zeitpunkt. Auch dieser Nachweis wäre allerdings nicht
über alle Zweifel erhaben, da die Basiskennzahlen, die in der Evaluation erhoben wurden, oftmals
lediglich Schätzungen und keine genauen Messungen waren, was die Reliabilität und folglich die
Validität unserer Ergebnisse erheblich einschränkt.
Die Evaluation legt darüber hinaus nahe, dass Wissensmanagementprogramme sehr anfällig für
Störvariablen sind, was nicht nur die Ergebnisse hier schwerer nachzuvollziehen macht, sondern
auch, dass die Umsetzung solcher Programme kein „Nebenprojekt“ sein kann, ohne drastische
Einbußen in der Wirksamkeit in Kauf zu nehmen.
Was diese Evaluation zeigt ist, dass sich mit dem Programm Ergebnisse erzielen lassen, die
klassischen KCS-Umsetzungen gleichen und die Herangehensweise, obwohl weiterhin ambitioniert
und mit hohem Aufwand verbunden, für kleine und mittelständische Unternehmen wesentlich besser
zu verdauen sind, als die bisher im KCS v6 Adoption Guide beschriebene Vorgehensweise.

Verweise

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2023 von library.serviceinnovation.org:
https://library.serviceinnovation.org/KCS/KCS_v6/KCS_v6_Adoption_Guide/000_Introduction
/050_Adoption_Success
Consortium for Service Innovation. (18. Oktober 2022). Exit Criteria for Plan and Design. Abgerufen
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https://library.serviceinnovation.org/KCS/KCS_v6/KCS_v6_Adoption_Guide/010_Plan_and_D
esign/060_Exit_Criteria_for_Plan_and_Design
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https://library.serviceinnovation.org/KCS/KCS_Certification_and_Training/10_Practices_v6_In
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https://www.esf.de/SiteGlobals/Forms/Vorhabensuche/Vorhabensuche_Detail_Formular.htm
l?guid=223de201-1ccf-4f01-8103-24a63bd01766 abgerufen
HTWG Konstanz. (2020). Projekt. Von https://serwiss.htwg-konstanz.de/: https://serwiss.htwgkonstanz.de/projekt/ abgerufen
pro accessio GmbH & Co. KG. (März 2024). Auswirkungen der Pandemie auf die Einführung einer
Wissensmanagement-Methodologie.
pro accessio GmbH & Co. KG. (Februar 2024). Herausforderungen für das Wissensmanagement im
mittelständischen Sondermaschinenbau.
Statistisches Bundesamt. (2021). 56 % in kleinen und mittleren Unternehmen tätig. Von destatis.de:
https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Unternehmen/KleineUnternehmen-Mittlere-Unternehmen/aktuellbeschaeftigte.html#:~:text=Besch%C3%A4ftigungsanteile%20nach%20Unternehmensgr%C3%
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