Um Erfolg mit Self-Service, zum Beispiel in einem Kundenportal, zu haben, müssen einige grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein. Fünf der wichtigsten Faktoren führe ich hier auf.

Was bedeutet überhaupt Erfolg mit Self-Service?

Das Angebot eines Self-Service-Portales ist kein Selbstzweck, sondern soll mehrere Vorteile mit sich bringen. Es soll Informationen für die Kunden des Anbieters zur Verfügung stellen, wie die angebotenen Produkte und Dienstleistungen besser genutzt werden können. Manchmal treten Fehler oder Beeinträchtigungen der Lösung auf, dann soll das Self-Service-Portal Anleitungen zu Wiederherstellung und Korrektur des Fehlers zur Verfügung stellen. Und zwar schneller, als dies durch reaktive Services wie eine Hotline oder Support via E-Mail geschehen könnte. Das ist der augenscheinliche Nutzen für die Kunden.

Auf der anderen Seite wird die Anfragelast auf Hotline und den E-Mail-Support sinken, wenn Kunden sich ihre Fragen im Portal selber beantworten können. Diese „gewonnene“ Zeit nutzt einerseits den Mitarbeitern im Service, weil dadurch der Stresslevel sinkt. Darüber hinaus haben sie dadurch mehr Zeit, sich um noch ungelöste Fragestellungen zu kümmern und so wiederum Kundenzufriedenheit schaffen und nebenher neue Inhalte für das Portal generieren.

Wichtige Faktoren für den Erfolg mit Self-Service

  1. Auffindbarkeit
    Viele Wissensdatenbanken und Self-Service-Portale leiden unter einer Flut von Informationen, in denen die suchenden Kunden nicht fündig werden. Das ist das sprichwörtliche Bild von der Nadel im Heuhaufen. Manche Betreiber solcher Portale begehen dann den Fehler, dass sie „mehr Heu heranschaffen“, anstatt das zugrunde liegende Problem zu lösen: Die Auffindbarkeit des Wissens durch richtigen Kontext, klare Strukturen, aussagekräftige „meta tags“ und umfangreiche Angaben zu betroffenen Komponenten zu verbessern. „Richtiger Kontext“ meint dabei, die Formulierungen in den Wissensartikeln so zu wählen, dass sie in die Erlebens- und Erfahrungswelt der Anwender passen. Viele Fachleute neigen dazu, „Fachchinesisch“ zu sprechen und dabei den Anwender mental abzuhängen. Einfach zu befüllende Vorlagen helfen bei der strukturierten Erstellung von Wissensartikeln, die dadurch stimmig, leichter zu verstehen und vor allem besser zu finden sind.  Mit der Knowledge Centered Service-Methodik werden neue Wissensartikel als Nebenprodukte von Problemlösungen von den Servicemitarbeitern erzeugt. Ganz natürlich innerhalb ihres täglichen Arbeitsablaufes und ohne zusätzliche Aufwände durch weitere Tools oder umständliche Arbeitsschritte. Um das Serviceportal erfolgreich zu machen, braucht es Inhalte, die durch konkrete Fragestellungen von Kunden in deren Kontext entstanden sind und durch ständigen Gebrauch aktuell gehalten werden.
  2. Vollständigkeit
    Ihre Kunden möchten wissen, was Sie wissen und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie das Wissen gewinnen. Wie schnell schaffen Sie es, das kollektive Wissen Ihrer Supportorganisation über Ihr Portal Ihren Kunden zugänglich zu machen? Ihr Ziel muss es sein, das meiste Ihres Wissens so schnell wie möglich über das Portal zu veröffentlichen. Die 90/90-Regel von KCS sagt genau das aus: 90 Prozent unseres Wissens muss innerhalb von 90 Minuten auf dem Portal gelandet sein. Unmöglich? Ambitioniert, aber nicht unmöglich! Die Menge des nutzbaren, wertvollen Wissens und die Geschwindigkeit seiner Zurverfügungstellung sind Haupterfolgsfaktoren für Self-Service. Das bedeutet auch, dass man als Anbieter sein Self-Service-Portal nicht zu früh für die Kunden öffnet. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Anwender zu seiner Frage relevante Inhalte findet, muss mindestens 50% betragen. Starten Sie zu früh mit zu wenig Inhalten, werden Ihre Kunden nach ein, zwei negativen Erlebnissen das Portal nicht mehr nutzen.
    Kunden erwarten es heutzutage, schnell Lösungen in FAQs und Wissensdatenbanken zu finden. Wenn Sie das als Anbieter nicht leisten können, werden Sie ihre Kunden an eines der vielen Internetforen verlieren. Und, nicht vergessen, eine gute Self-Service-Lösung kann bis zum Zehnfachen der Anfragen lösen, die Sie in Ihrer Hotline oder ihrem Ticketsystem überhaupt zu Gesicht bekommen!
  3. Leichter Zugang
    Der Zugang zum Self-Service muss leicht sein, leichter als es wäre, ein Ticket bei Ihnen öffnen oder zum Telefonhörer zu greifen. Nur wenn das Self-Service-Portal für die Kunden den Weg des geringsten Widerstandes bedeutet, werden sie es auch nutzen. Gute Implementierungen integrieren den Zugang zum Self-Service schon in der Nutzeroberfläche der eigentlichen Lösungen. Gute Erfolge erzielen Betreiber damit, integrierte Suchergebnisse anzuzeigen, die mehrere Informationsquellen anzapfen und relevanteste Inhalte promiment hervor zu heben. „War es dies, wonach Sie suchten?“ kann gut funktionieren, allerdings ist die Grenze zur Aufdringlichkeit ein schmaler Grat. Vielen ist noch mit Grausen „Karl Klammer“, Microsofts sprechende Büroklammer, in Erinnerung.  Ihr Ziel muss es sein, Ihren Kunden relevante Hilfestellung zu präsentieren, bevor diese ein Ticket im Helpdesk eröffnen.
  4. Navigation
    Was sind die Hauptgründe, warum Kunden Self-Service-Lösungen nicht in Anspruch nehmen? Nach fehlenden bzw. nicht findbaren Inhalten (s.o.) sind die „Sackgassen“ in der Navigation der zweithäufigste Grund für fehlende Akzeptanz entsprechender Portale. Sackgasse meint in dem Zusammenhang, das Kunden es ausgesprochen gering schätzen, wenn ihre ersten Suchen nicht erfolgreich waren und sie immer wieder von vorne mit neuen Begriffen suchen müssen. Lieber würden sie die erste Suche weiter konkretisieren können. Zudem nutzen Kunden oft unterschiedliche Suchstrategien. Die einen suchen nach Stichworten, die anderen hangeln sich durch die Hierarchie einer Baumstruktur. Entsprechend sollte Ihr Portal alle Möglichkeiten anbieten. Eine gute Self-Service-Lösung bietet darüber hinaus die Möglichkeit, beim Übergang von eigener Recherche zur Öffnung eines Tickets die bisherigen Suchbegriffe dem Servicemitarbeiter zur Verfügung zu stellen. So weiß er, was der Kunde schon alles selber versucht hat und kann sich auf die verbleibenden Optionen zur Lösung konzentrieren. Idealerweise „merkt“ sich das Portal daher die Such-Historie des Kunden und bietet jederzeit mit nur einem Klick die Öffnung des Tickets an.
  5. Marketing
    Überlegen Sie sich gut, wie Sie Ihren Kunden oder Anwendern das Self-Service-Angebot ans Herz legen! Nur weil Sie Energie in die Erstellung gesteckt haben, heißt es nicht, dass ihre Anwender scharenweise das Portal bevölkern. Die meisten Menschen funktionieren nach dem Prinzip „Was steckt für mich drin?“ Das bedeutet für Sie, dass Ihr Portal nur dann genutzt wird, wenn es den Kunden auch nützt. Versetzen Sie sich in die Lage ihrer Anwender. Versuchen Sie zu verstehen, welche Probleme diese mithilfe Ihrer Produkte und Dienstleistungen lösen wollen und wie Sie mit dem Wissen im Portal dabei bestmöglich unterstützen können. (Diese Übung sollte Ihr Produktmanager sowieso machen). Versuchen Sie dann, diese Vorteil aktiv hervorzuheben und bewerben Sie Ihr Portal bei den Kunden und Anwendern. Bei internen Lösungen zum Beispiel im User-Helpdesk gibt es viele gute Möglichkeiten durch Aushänge am Schwarzen Brett, in der Kantine oder als Link in der E-Mail-Signatur der Servicemitarbeiter. Bei externen Lösungen für Kunden helfen Hinweise im Newsletter, Banner auf der Homepage oder Flyer in der Produktverpackung. Werden Sie kreativ!

Erfolg mit Self-Service ist kein Hexenwerk und die Ergebnisse werden sich sowohl für Ihre Kunden als auch Ihre Mitarbeiter lohnen!