Personalentwicklung ist gleichzeitig auch immer Organisationsentwicklung, heißt es so schön. Wenn man Veränderungen im Unternehmen herbeiführen möchte, kann man dies entweder auf der personellen Ebene, in der Kommunikation, auf Programm-Ebene oder in der Unternehmenskultur tun. Schulungen als Instrument der Personalentwicklung müssten also die gewünschten Veränderungen bewirken: Der geschulte Mitarbeiter zeigt nach Absolvieren des Trainings ein neues Verhalten, bringt das Gelernte mit ins Unternehmen. Folglich müsste sich auch die Organisation um ihn herum aufgrund seines neuen Verhaltens ändern. Und was ist, wenn die Schulung nicht verfängt, das persönliche Verhalten sich dadurch nicht ändert?

Abteilungen, Teams, Bürogemeinschaften und andere auf Zeit angelegte Formen von arbeitsteiliger Kollaboration sind soziale Systeme, d.h. sie sind Kommunikationssysteme. Innerhalb des Systems und an seinen Grenzen zur Umwelt kommt es zu Kommunikation, zum Austausch von Informationen und Arbeitsergebnissen.

Organisationen  als soziale Systeme

Kommunikation ist ein Wechselspiel zwischen mindestens zwei Individuen, die unterschiedliche Sozialisation erfahren haben, verschiedene Werte und Ansichten haben und deren Wahrnehmungen in Folge persönlich geprägt sind. Wenn Kommunikation in einem System „nicht funktioniert“, sich also Störungen in einem wiederkehrenden Muster zeigen, dann lässt sich die Störung nicht allein den Persönlichkeits- und Charaktermerkmalen einer Person zuschreiben – es muss das gesamte System betrachtet werden.

Es sind diese Wechselwirkungen zwischen den Teammitgliedern, die als entscheidende Eigenschaft von Teamsystemen gelten können. Die Beziehungen folgen bestimmten Regeln und Mustern, die wiederum im direkten Zusammenhang zu den Werten, Einstellungen, Zielsetzungen und Verhaltensweisen der Personen stehen. Die Muster sind einerseits flexibel, haben jedoch auch typische, repetitive Aspekte.

Die repetitiven Muster können positiver Natur sein, d.h. die Kommunikation und Zusammenarbeit verläuft harmonisch, sie können aber auch negativ sein. In beiden Fällen sind sie gelerntes, komplexes und vielschichtiges Verhalten, das fest im Handlungsrepertoire der Personen verankert ist. Will man im Zuge einer Organisationsentwicklung ein anderes Verhalten, eine andere Form der Zusammenarbeit, mithin eine andere Kultur bewirken, dann ist an diesen repetitiven Mustern anzusetzen.

Lösungsansatz wiederkehrende Muster

Der Versuch, das Handeln der Personen über rein kognitive Vermittlung, z.B. durch Arbeitsanweisungen und Richtlinien oder Appelle an die Einsicht, zu ändern, wird dabei in der Regel scheitern. Die Handlungsmuster der Person sind häufig durch viele Wiederholungen von Aktion und Feedback über lange Zeit hinweg erlernt und „sitzen“.

Aus der jüngeren Hirnforschung ist bekannt, dass nachhaltiges Lernen nur dann stattfindet, wenn beide Gehirnhälften gleichzeitig angesprochen werden, sowohl die rationalen als auch die kreativen Fähigkeiten. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die den Lernprozess begleitenden Emotionen. Der Hirnforscher Prof. Gerald Hüther spricht anschaulich davon, dass „Emotionen der Dünger für das Gehirn“ seien. Die die Emotionen begleitende Ausschüttung von bestimmten Botenstoffen im Körper sorgt also dafür, dass das Gelernte besonderns nachhaltig im Gedächtnis verankert wird.

Vor diesem Hintergrund wird klar, dass die lange geübte Praxis von Frontalunterricht in Seminaren zu Führung, Kommunikation, Zeitmanagement und anderen berufsrelevanten Themen nicht nachhaltig wirken kann. Stattdessen sind Lernformen gefragt, die einen Unterschied ausmachen und bei den Teilnehmern zu einem Entlernen alten, unerwünschten Handelns und der nachhaltigen Anwendung neuer Handlungsoptionen führen.

„Emotionen sind Dünger fürs Gehirn“

Das hypnosystemische Arbeiten mit Interaktionsaufgaben ist eine solche Lernform. Sie vereint Ansätze aus der Hypnotherapie mit denen des systemischen Denkens und orientiert sich an der gleichen Vorstellung davon, wie Veränderung in Menschen abläuft. Ihre Prämisse ist, dass repetitive Muster ungewünschten Handelns („Probleme“) autohypnotisch durch eine konstruierte, eingeschränkte Wahrnehmung der Wirklichkeit entstehen, die sogenannte Problemtrance. Der Berater, Trainer oder Lerncoach hilft mit den Interaktionsaufgaben, eine Fokussierung auf eigene Ressourcen herzustellen und somit in die sogenannte Lösungstrance zu wechseln.

Die Begriffe Hypnose und Trance sind in diesem Zusammenhang übrigens nicht mit den populären Darstellungen in Filmen, Fernsehen oder Show-Varietés zu verwechseln, in denen sie mit einem Zustand von Schlaf und Entspannung gleich gesetzt werden. Vielmehr handelt es sich um eine Fokussierung der individuellen Aufmerksamkeit, die gleichermaßen ruhig als auch hochaktiv mit viel Dynamik und Bewegung sein kann. Das hypnosystemische Arbeiten geht auf die gleichen methodischen Grundlagen wie der lösungsorientierte Ansatz und die neurolinguistische Programmierung (NLP) zurück.

Hynose = Aufmerksamkeitsfokus

Die Interaktionsaufgaben sind erfahrungsorientierte Lernmethoden, in denen der Einzelne sich in der Interaktion mit den anderen Teilnehmern der Gruppe selber erfahren kann. Bei den Aufgaben wird agiert, kommuniziert, nachgedacht, erlebt und gefühlt – es werden also beide Gehirnhälften, von Emotionen begleitet, stimuliert.

Während des Lernprojektes wird eine, scheinbar vom Berufsalltag losgelöste, Sphäre geschaffen, in der die Lerngruppe sich in einer eigenständigen kleinen Welt befindet. Dazu wird der Trainer eine Inszenierung der Aufgabe vornehmen, die für die Teilnehmer einen Sinn stiftet. Sie werden im Anschluss an die Inszenierung die Aufgabe durchführen und sie selbständig lösen. Der Trainer greift nur mehr oder weniger ein, sondern nimmt die Rolle eines Beobachters ein, der den Teilnehmern im Anschluss deren – unbewussten – Kommunikationsmuster widerspiegelt. Am Ende der Übung wird den Erfahrungen der Lernenden eine Bedeutung im Gesamtzusammenhang der Teamsituation gegeben.

Die Interaktionsaufgaben sind also Lernprojekte, die die Aufmerksamkeit der Teilnehmer auf die Fragestellung fokussieren, wie mit den bereits vorhandenen Ressourcen Aufgaben gelöst werden können. Sie helfen zu erkennen, dass die Lösung von Problemen mit den eigenen Kräften möglich ist und keine externe Hilfestellung benötigen.

Lernziel Ressourcenorientierung

Mit den Interaktionsaufgaben wird die Visualisierung und körperliche Erlebbarkeit von Dynamik, Zusammenhang und Wechselwirkung von Teamprozessen möglich gemacht. Dadurch werden neue Perspektiven eröffnet und die Gruppe wie auch deren einzelne Teilnehmer können neue Verhaltensweisen probieren und sich weiter entwickeln – also echt lernen.

In den Interaktionsaufgaben wird sehr viel mit Metaphern gearbeitet, die Bilder aus der Alltagswelt entleihen und in die experimentelle Situation der Lernwelt einbringen. Sie spiegeln die Abläufe und Interaktionen aus dem beruflichen Alltag wider und erlauben, in der geschützten Umgebung des Lernprojektes eine Entwicklung neuer Handlungsoptionen anzustoßen.

Die Interaktion der Gruppe während der Lösung der Aufgabe wirkt als systemische Intervention, d.h. sie arbeitet mit dem Instrument des Perspektivwechsels, ermöglicht Rückkopplungsschleifen, verdeutlicht die Abhängigkeit der Bedeutung vom Kontext und initialisiert Selbstorganisation der Gruppe.

Das Verhalten der Teilnehmer in den Lernprojekten ist typischerweise authentisch. Anders als beim Rollenspiel ist jeder Teilnehmer er selber und spielt eben keine Rolle – das erleichtert vielen Teilnehmern, sich auf die Interaktionsaufgaben einzulassen. Sie sind dann während der Aufgabe völlig in ihrem Tun absorbiert und schaffen den Wechsel von der Problem- in die Lösungstrance. Die dabei entstehenden emotionalen Zustände erleichtern die Erzeugung nachhaltiger Erinnerungen und bewirken ein langfristig verändertes Verhalten.

In unseren Workshops und Seminaren setzen wir gezielt systemische und hynosystemische Interventionen ein.

Literatur

Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus; Fritz B. Simon, Carl-Auer-Verlag
Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn, Täuschung, Verstehen; Paul Watzlawick, Piper Verlag
Einführung in die systemische Organisationstheorie; Fritz B. Simon, Carl-Auer-Verlag
Systemische Interventionen; Arist von Schlippe / Jochen Schweitzer, Vandenhoeck & Ruprecht
Einführung in die hypnosystemische Therapie und Beratung; Gunther Schmidt, Carl-Auer-Verlag
Die METALOG Methode – Hypnosystemisches Arbeiten mit Interaktionsaufgaben; TobiasVoss, Schilling Verlag