Die KfW hat ihren jährlichen Gründungsmonitor veröffentlicht und einen „Tiefpunkt des Gründungsgeschehens“ in Deutschland konstatiert. Woran liegt das und was macht eigentlich einen erfolgreichen Gründer / Unternehmer aus?

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist als Bank des Bundes und der Länder die Förderbank der deutschen Wirtschaft. Als solche veröffentlicht sie regelmäßig den KfW-Gründungsmonitor, eine „jährliche Analyse von Struktur und Dynamik des Gründungsgeschehens in Deutschland“.

Im aktuellen Bericht stellt die KfW fest, dass sich die Gründerquote auf dem niedrigsten Stand seit 2000 befindet. Als Gründe dafür macht sie die restriktive Vergabepolitik der Bundesagentur für Arbeit für den Gründungszuschuss aus. Andere Gründe sind die Zunahme ganz allgemeiner Bürokratie, das empfundene Risiko einer Gründung sowie die schwache Konjunktur bei gleichzeitig guter Arbeitsmarktlage. Aber auch die Sorge der Gründer vor einer Mehrbelastung der Familie durch die eigene Selbständigkeit, hält viele von dem Einstieg in die Selbständigkeit ab.

Sind die Sorgen und Vorbehalte der Nicht-Gründer berechtigt? Was macht einen guten Unternehmer *) aus, welche Fähigkeiten und Eigenschaften sollte er haben? Und, im Umkehrschluss gefragt:

Woran scheitern Gründer am häufigsten?

Aus meiner eigenen Beobachtung der letzten Jahre habe ich folgende Wahrnehmungen gemacht:

  1. „Not lehrt in saure Äpfel beißen.“ Viele Gründungen entstehen aus einer Notsituation heraus und nicht, weil die Selbständigkeit ein lang gehegter Wunsch war. Dann besteht die Gefahr der Unterschätzung der mit der Selbständigkeit verbundenen Herausforderungen (Disziplin, eigener Antrieb, Einzelkämpfertum, fehlender Austausch mit Kollegen,…).
  2. „Unsere Lösung, ihr Problem“. Die aus der Not geborene Geschäftsidee orientiert sich an den Fähigkeiten des Gründers, aber nicht an den Anforderungen des Marktes (das geht übrigens auch manchen etablierten Unternehmen so). Vor allem Gründer mit einem technischen Hintergrund tappen in diese Falle und wundern sich, warum niemand ihre brillianten Produkte und Lösungen kauft.
  3. Der umgekehrte Fall tritt mindestens genauso häufig auf. Wenn nämlich die Geschäftsidee eine Vernunftentscheidung ist, die jedoch den Fertigkeiten, Fähigkeiten und Erfahrungen des Gründers nicht entspricht. Hier fehlt dann die Überzeugung, die Motivation, sich voll und ganz für die Idee einzusetzen.
  4. „Spontaneität will wohl überlegt sein.“ Ein durchdachtes Konzept ist unerlässlich, um langfristig erfolgreich zu sein. Über Sinn und Unsinn von Businessplänen ist schon viel geschrieben worden. Einigkeit besteht darin, dass ein aus dem Internet von anderen kopierter und überarbeiteter Plan eine schlechte Wahl ist. Die Beschäftigung mit dem Businessplan zwingt den Gründer, sich intensiv mit der Geschäftsidee und ihrer Umsetzung auseinander zu setzen. Das hilft nicht nur beim Finanzierungsgespräch mit Investoren sondern vor allem dem Unternehmer selber.
  5. Zielorientierung vs. Ressourcenorientierung. Wenn der Businessplan geschrieben, die Unternehmung gegründet und es an die Umsetzung geht, stellen viele Gründer fest, dass die Marktsituation doch anders ist als gedacht (geplant). Anstatt sich auf die veränderter Realitäten einzustellen, halten viele Jungunternehmer dann an ihrem Businessplan fest und versuchen in einer Haltung des „try harder“ ihn trotzdem in seiner ursprünglichen Form umzusetzen. Hier fehlt die Fähigkeit, die Situation zu reflektieren, sich an den vorhandenen Ressourcen zu orientieren und die Ziele neu zu formulieren.
  6. Eine ewig richtige Erkenntnis bleibt, dass bei aller Fachkenntnis und technischer Expertise am Ende das Produkt oder die Dienstleistung verkauft werden muss. Vertriebliche Kenntnisse und Fähigkeiten bringt man am besten mit, erwirbt sie sich möglichst schnell oder sucht sich geeignete Partner. Viele Gründer stecken Zeit und Energie in Logo, Briefbogen, Visitenkarte und Webseite und übersehen dabei, dass die nicht von allein zum Kunden kommen. Vor dem Telefon zu sitzen und zu hoffen, dass ein Kunde anruft, funktioniert nicht.
  7. Das Wort „selbständig“ setzt sich zusammen aus „selbst“ und „ständig“. Dieser alte Kalauer nutzt sich leider nicht ab sondern bleibt wahr. Während man über das „selbst“ noch diskutieren kann, ist das „ständig“ ein wichtiger Erfolgsfaktor für jungen Unternehmer. Als Selbständiger arbeitet man nicht von 9 bis 17 Uhr, gerade nicht in der Anfangszeit. Durchhaltevermögen und zeitliches Engagement müssen deutlich über dem von Angestellten liegen. Wer das nicht zu leisten bereit oder in der Lage ist, wird Schwierigkeiten bekommen. Insbesondere der Rückhalt der Familie muss vor dem Eintritt in die Selbständigkeit geklärt sein.
  8. Wer als Unternehmer auf Dauer alles „selbst“ machen will, wird schnell an seine Grenzen stoßen – sowohl an die fachlichen als auch die Leistungsgrenzen. Auf dem Entrepreneurship Summit 2012 in Berlin wurde das Modell der „Gründung aus Komponenten“ propagiert, d.h. die Hinzunahme bestehender Komponenten in die eigene Lösung. Man muss einen Webshop nicht selber programmieren, keine Bezahllösung entwickeln, keine Logistkkette neu aufbauen, das gibt es alles schon. Als Unternehmer konzentriert man sich auf seine Kernkompetenzen und nutzt vorhandene Lösungen – auch deswegen, weil sie als variable Kosten sofort abrechenbar sind.
  9. Letztlich hat Unternehmertum auch viel mit der inneren Haltung zu tun. Gründer scheitern, wenn sie problem- und nicht lösungsorientiert denken und blinde Flecken entwickeln. Wer von sich glaubt, dass ihm Akquisition und Vertrieb nicht liegen, wird diese Fähigkeiten auch nicht erwerben können. Denn alle „Fakten“ und Hinweise auf der Umwelt werden ja so gedeutet, dass sie zu der vorhandenen Überzeugung passen (Leiter der Schlussfolgerungen von Chris Argyris).
  10. Die oben schon erwähnte (Selbst-)Disziplin ist wichtig, um sich über lange Strecken immer wieder selber anspornen zu können. Wem diese Eigenschaft nicht in die Wiege gelegt wurde, der muss sich selbst erforschen und die eigenen Motivatoren entdecken. Wer den Wettbewerb mit anderen liebt, Risiken kalkuliert und dann auch eingeht und wer mit dem bestehenden Status nicht zufrieden ist, hat bessere Chancen als Gründer und Unternehmer erfolgreich zu sein als jemand ohne diese Eigenschaften.

 

Was langfristig erfolgreiche Unternehmer ausmacht

Die Untersuchung der Eigenschaften von langfristig erfolgreichen Unternehmern fördert eigentlich nur Bekanntes zutage:

Gute Unternehmer identifizieren sich mit ihrer Geschäftsidee und gehen in Leidenschaft darin auf. Sie schätzen die Flexibilität ihrer Rolle und nehmen dafür auch die negativen Aspekte in Kauf.

Viele Unternehmer sind visionär (nicht im Helmut Schmidtschen Sinne), haben ein Gespür für lohnenswerte Geschäfte und packen die sich ihnen bietenden Gelegenheiten beim Schopf.  Die Fähigkeit, Risiken abschätzen und dann bewusst eingehen zu können, zeichnet sie aus. Sie können sich über lange Strecken selbst motivieren, reflektieren regelmäßig die Situation und ihre Entscheidungen und korrigieren, wenn nötig, ihre Ziele auf der Grundlage der vorhandenen Ressourcen. Sie kennen und akzeptieren ihre fachlichen Grenzen und nehmen bewusst vorhandene Komponenten in die Gestaltung ihrer Lösungen mit auf.

Wenn sich diese Eigenschaften noch mit Organisationstalent  und einer Macher-Mentalität paaren,  entwickelt sich ein langfristig erfolgreiches Unternehmertum, welches sich auf die Veränderungen am Markt jederzeit einstellen kann.

 

*) = Aus Gründen der Lesbarkeit verzichte ich auf Formulierungen wie „Unternehmer/-in“. Meine Aussagen beziehen sich jedoch ausdrücklich auf Gründer und Unternehmer beiderlei Geschlechter.