Im heutigen Handelsblatt äußert sich der ehemalige Bundeswirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement zu den Pannen beim Hauptstadt-Flughafen BER und stellt dazu fest: „Politiker

[sind] mit der Aufsicht von komplexen Projekten überfordert“.

Clement zieht Vergleiche zu anderen Prestigeprojekten wie der Hamburger Elbphilharmonie oder dem Stuttgarter Hauptbahnhof, in denen die Lenkung der Projekte ebenfalls politisch und nicht baufachlich „geerdet“ sei. In allen Fällen seien Termine mehrfach gekippt, Budgets um ein vielfaches überzogen worden. Die Lenkungskreise seien den komplexen Fragestellungen nicht gewachsen, dazu bedürfe es Wissen, Können, Erfahrung und die zeitliche Präsenz, den offenen Fragen nachzugehen.

Dies könne ein aktiver Politiker aufgrund seiner anderen Verpflichtungen nebenher nicht leisten und ein Regierungschef könne es noch weniger können.

Schön, dass sich diese Erkenntnis auch in den Sphären eines Wolfgang Clement langsam durchsetzt. Jeder aktive Projektleiter, der sich mit einem heterogen zusammen gesetzten Lenkungskreis einmal auseinander setzen musste, hätte die gleiche Diagnose stellen können.

Wer soll, der reinen Lehre folgend, denn in einem Lenkungskreis vertreten sein?

Gewiss wird der Kunde oder Auftraggeber dort mitreden wollen. Schließlich ist es in der Regel sein Geld, das am Gegenstand des Projektes eingesetzt wird. Dann werden sich die relevanten Beteiligten des Projektes dort wieder finden, diejenigen, die Geld, Ressourcen, Mittel oder Personal für das Projekt zur Verfügung stellen. Vertreter der wichtigsten Lieferanten sind dabei, Mitarbeitervertreter und eventuell auch Servicebereiche der Organisation (IT, Einkauf, Facility Management, Rechtsabteilung, HR usw.).

An der Auflistung sieht man bereits, dass der Lenkungskreis ein bunt zusammen gesetztes Gremium sein kann, dessen Mitglieder mitunter voneinander abweichende Ziele verfolgen. Wenn der oder die Projektleiter/-in dem Lenkungskreis nun über Probleme und Abweichungen berichtet und Entscheidungsvorlagen für Rettungs-oder Präventionsmaßnahmen vorlegt, wie wird dann entschieden? Einstimmig, auf der Grundlage von Fakten, von Annahmen und unrealistischen Zielen oder gar nach dem Gusto des HiPPOs?

Bei abweichenden Meinungen im Lenkungskreis braucht es eine Person, die hierarchisch noch über den Mitgliedern des Gremiums steht und im Zweifel eine Entscheidung herbeiführt – den Sponsor. Dieser sollte fachlich fundiert und gleichzeitig disziplinarisch mit ausreichend Macht versehen, die eventuellen Unstimmigkeiten im Lenkungskreis auflösen und entscheiden.

Dumm nur, wenn der Sponsor auch Mitglied des Gremiums ist und damit Teil des Problems. Noch dümmer, wenn der Sponsor in Personalunion auch noch Kunde und Auftraggeber des Projektes ist. Am dümmsten, wenn ihm die fachlichen Kenntnisse fehlen, um Unstimmigkeiten in geschönten Projektberichten zu entdecken, wenn die Zeit aufgrund von politischen und administrativen Aufgaben fehlt, sich in Vollzeit um das Projekt zu kümmern.

Dann greift die Logik des Misslingens, die Olaf Hinz so treffend  an anderer Stelle beschrieben hat, dann prallen die „Strukturen der öffentlichen Haushaltsführung“ auf die Welt der Bauwirtschaft mit ihren bekannten Reflexen der Abgabe von Verantwortung und dem Stellen von Nachforderungen. Man hat die Entwicklung des Flughafen-Projektes kommen sehen, lange schon.