Die VDI nachrichten vom 13.05. berichten von den Schwierigkeiten, die technisch orientierte Fachkräfte beim Aufstieg in Management-Positionen erfahren. Es werden die Probleme geschildert, die beim Wechsel in die Führungsrolle auftreten:

  • das Verständnis für die neue Verantwortung zu entwickeln,
  • die Bedeutung „weicher Faktoren“ zu lernen,
  • das Dilemma der nicht entscheidbaren Entscheidungen zu akzeptieren,
  • führen zu lernen und nicht mehr Kollege zu sein,
  • fachliches KnowHow in den Hintergrund zu stellen und
  • das Team als Ganzes voran zu bringen.

Der Artikel geht auf die Wichtigkeit der inneren Haltung und des Rollenverständnis des neuen Vorgesetzten ein. Viele Ingenieure und Techniker sind in ihrer Ausbildung auf ein lineares Denkschema geprägt worden. Von der Ursache kann man auf die Wirkung schließen, das haben sie gelernt. Wenn man einen Knopf drückt, dann wird eine vorhersagbare Reaktion eintreten.

Dieses maschinistische Weltbild – von Gareth Morgan auch tatsächlich als „Organisation als Maschine“ oder Ingenieurmodell bezeichnet – kommt ins Wanken, wenn die frisch gebackenen Führungskräfte zum ersten Mal ein Team anleiten sollen. Da werden die Anordnungen (der „Druck auf den Knopf“) dann nämlich auf einmal in Frage gestellt und auf der informellen Ebene kritisiert. Manch ein Chef muss dann auch feststellen, dass seine ehemaligen „Kollegen“ auf einmal gegen ihn arbeiten. So zu tun, als wäre die neue Rolle kein Grund für ein anderes Verhalten, ist in der Situation nicht authentisch.

Dann sind die Führungskräfte gut beraten, die Beziehungen in der Organisation aufzubauen, Netzwerke zu knüpfen und mit hoher Präsenz bei den Mitarbeitern zu sein. Von Vorteil ist, wenn man sich als angehende Führungskraft langsam auf die neue Rolle vorbereiten kann. In der Regel ist das jedoch nicht der Fall. Mit der Beförderung wird vom ersten Tag an neues Verhalten erwartet.

Der Artikel in den VDI nachrichten lässt anklingen, dass gerade Ingenieure mit ihrer lösungsorientierten Art zu denken, es schwer haben, hochrangige Managementfunktionen dauerhaft zu besetzen. Dass es nicht unmöglich ist, zeigen Beispiele der jüngeren Industriegeschichte wie Hartmut Mehdorn, Dieter Zetsche oder Wendelin Wiedeking.

Hilfreich ist, sich von einem erfahrenen Coach begleiten zu lassen. Das eigene Verhalten muss ständig hinterfragt und im Zusammenspiel mit dem der anderen Teilnehmer der Organisation reflektiert werden. Ein anderer Betrachtungswinkel muss her, der die blinden Flecken in der eigenen Wahrnehmung aufdeckt. Den Anstoss dazu gibt der Coach, der im Gespräch mit der Führungskraft Muster in der Kommunikation erkennt und mit Interventionen zum Nachdenken anregt. Wenn sich der Ingenieur in der Führungskraft vom linearem Denken verabschiedet und lernt, mit Unsicherheiten umzugehen und die Dilemmata zu entscheiden – dann kann aus ihr auch ein guter Chef werden.