Personalsuche ist ein Thema, mit dem man sich unendlich beschäftigen kann. Schauen Sie nur auf all die Artikel zum Thema Fachkräftemangel Bewerbermanagement und Auswalhmethoden. Und immer geht es darum „die besten Talente“ zu gewinnen. Als Personalberaterin habe ich selbst jahrelang nach den „besten Kandidaten“ für ein Unternehmen gesucht. Seither habe ich einen recht kritischen Blick auf die „beste Besetzung“. Heute nehme ich Sie mit zu dem Thema: „Wer sind eigentlich ‚die Besten‘?“

Wer schon mal bei uns in einem Seminar gesessen hat, kennt die „Körperteil-Übung“, die wir nutzen, um unseren Umgang mit Wissen und Kollaboration zu demonstrieren. Eine der Kern-Erkenntnisse ist immer: Man kann Fragen auch ziemlich unterschiedlich verstehen. In unserem Fall heute ist die Frage, die wir missverstehen können: „Wie finden wir ‚die Besten‘?“ Je nach dem, wie wir ‚die Besten‘ nämlich verstehen, könnten die Antworten sehr unterschiedlich ausfallen. Genauso sollten wir uns auch fragen, was „finden“ in diesem Kontext heißt. Lassen Sie uns das heute also einmal beispielhaft durchexerzieren:

„Die Besten“ als „die mit den meisten Auszeichnungen“: Titel-Fokus

Es ist vollkommen natürlich, „die Besten“ mit Trophäen, Podien oder Medallien zu assoziieren. ‚Die Besten‘ müssen ja irgendwie zu diesem Titel gekommen sein. Deshalb schauen wir auf Noten, Zeugnisse und Bestenlisten der Abschlussklasse. In diesem Fall wurde die Leistung irgendwie quantifiziert und in eine Rangordnung gebracht. Das ist auch, was wir mit den meisten Bewerber-Assessments verfolgen: wir wollen Zahlen, Daten, Fakten auf dem Tisch.

Der Vorteil: Wenn Sie „die Besten“ als ein vergebens Prädikat meinen, dann haben Sie natürlich eine tolle Vergleichbarkeit. Notfalls lassen Sie zwei Kandidaten halt gegeneinander antreten und der Bessere gewinnt. Sie haben Ergebnisse, auf die Sie sich berufen können. Insgesamt fühlt sich so ein Vorgehen sehr fair an, und es liefert Ihnen Ergebnisse, die Sie auch mit anderen Firmen vergleichen können.

Der Haken: Theoretisch zumindest, denn es gibt leider noch das Problem „Operationalisierung“. Sehen Sie, wenn Sie etwas messen wollen, dass nicht physisch vorhanden ist (Kreativität zum beispiel, oder Konfliktfähigkeit), dann müssen Sie etwas Körperloses greifbar machen. Sie müssen also etwas finden, das Sie messen können und das in direktem Zusammenhang mit dem steht, was Sie eigentlich messen wollen. Das ist wesentlich komplexer als eine Laufzeit zu messen und einer der Gründe, warum sich viele (vor allem psychologische) Beratungen mit Tests für diese abstrakten Konzepte beschäftigen. Wenn Sie also falsch operationalisieren, was „gute Leistung“ ist, dann haben Sie zwar etwas gemessen, aber nur, um etwas gemessen zu haben. Und jetzt fragen Sie sich mal ganz ehrlich: wissen Sie, wie die Universitäten, nach deren Abschluss Sie auswählen, Ihre Notenvergabe operationalisiert haben? Wenn nicht habe ich schlechte Neuigkeiten für die Aussagekraft Ihres Auswahlprozesses.

„Die Besten“ als „die, die am Besten den Job machen werden“: Passungs-Fokus

Vielleicht steht „die Besten“ ja nur als Kurzform für „die, die am Besten zu uns passen“. Was nicht nur löblich ist, sondern auch wesentlich realistischer. Die schlechte Nachricht bei der Suche nach „dem Besten“ ist nämlich, dass „der Beste“ von vornherein ausschließt, dass es zwei davon geben kann. Und bekanntlich will ja mehr als nur eine Firma diesen „Besten“, der Rest muss sich also eh mit den folgenden Rängen begnügen. Und wenn dann auch die Kriterien für „die Besten“ eh nicht zu Leistung bei uns passen, dann können wir sie einfach vergessen und unsere eigenen Kriterien machen.

Der Vorteil: Dass Passung wird wesentlich höher sein, als stumpf nach Auszeichnungen zu gehen. Außerdem sind Sie sich schon bewusst, dass Sie sich selbst um sinnvolle Kriterien bemühen müssen und haben damit den ersten Schritt zu einer sinnvollen Operationalisierung getan. Sie sind noch lange nicht da, denn gute Operationalisierung ist wirklich schwer, aber Sie sind schon weiter als viele andere. Und ihr Kandidaten-Pool ist wesentlich größer: nur weil jemand es nicht auf eine bestimme Exzellenz-Liste geschafft hat, ist er nicht raus. Theoretisch kann wirklich jeder der Richtige sein, Sie schöpfen quasi aus dem Vollen.

Der Nachteil: Leider werden Sie nicht die Zeit haben, sich wirklich alle anzugucken. Zumal Sie am Ende ja auch nur einen „Besten“ brauchen. Und wie bereits erwähnt, kostet auch das sinnvolle Erstellen ihrer Kriterien Zeit. Deshalb fallen wir auch so gerne auf Hybrid-Lösungen zwischen einem Titel- und Passungs-Fokus zurück. Titel hat jemand anderes schon vergeben, sie sind einfach, zugänglich und deshalb auch so angenehm. Weil wir aber wissen, dass Titel eben nicht die Passung zu uns sondern zum Titel abbilden, wechseln wir später in den Passungs-Fokus. Im Endeffekt vereinen Sie dadurch aber das Schlechteste aus beiden Welten: Sie kämpfen mit allen anderen, die so vorgehen, um „die Besten-Elite“ und machen sich dann die Mühe und den Stress, aus diesen wenigen Leuten auch noch den passenden für sich zu finden. „Die am besten Passenden“ und „die auf Bestenlisten“ sind zwei verschiedene Gruppen, wie groß glauben Sie, ist die Schnittmenge wirklich?

„Finden“ als Identifizieren: notwendiges Kriterium

Auch wenn man „die Besten“ noch ein paar mal anders definieren könnte, widmen wir uns jetzt dem zweiten Teil der Frage: was heißt „finden“ eigentlich? Vielleicht sehen wir es erstmal synonym mit „identifizieren“. Wir wollen „die Besten“ (welcher Form auch immer) ausfindig machen. das würde bedeuten, dass wir uns über den möglichst gesamten Kandidatenmarkt einen genauen Überblick verschaffen um zu verstehen, wer zu uns passen könnte, oder nicht. Das ist, warum sich Unternehmen Active Sourcer leisten oder immer mal Profile von Headhuntern anschauen. Man möchte wissen, welche Optionen es gibt, und wer in Zukunft interessant für das Unternehmen werden könnte.

Der Vorteil: Recruiting ist mit guten Active Sourcing keine Überraschung mehr. Sie wissen eh, wie leicht oder schwer ein bestimmtes Profil zu finden ist, und hatten dazu noch die Möglichkeit schon vorher die Kandidaten kennenzulernen. Statt dem üblichen Speed-Dating wissen Sie zumindest grob, wie der Kandidat tickt und worauf er oder sie Wert legt.

Der Nachteil: Auch wenn Sie wirklich „die Besten“ finden: meistens haben Sie nur eine Stelle zu vergeben. Identifizieren ist schön und gut, aber am Ende soll auch eingestellt werden. Wenn das nicht passiert, ist das Identifizieren am Ende Zeitverschwendung gewesen – und die frustriert Mitarbeiter und Kandidaten.

„Finden“ als Einstellen: hinreichendes Kriterium

Dann betrachten wir „finden“ eben als „einstellen“. Wir wollen „die Besten“ (welcher Definition nach auch immer) einstellen. Und hier kommt es darauf an, wie wir „die Besten“ definiert haben. Bei optimaler Passung sollte das recht gut funktionieren, immerhin ist nicht nur die fachliche Qualifikation passend, auch das persönliche, wie z.B. die Werte stimmen. Bei der Vertragsverhandlung sollten Sie also recht schnell auf einen Nenner kommen und nur wenige Punkte wirklich diskutieren müssen. Beim Titel-Fokus? Dann kann es wesentlich spannender werden, denn Sie sind quasi in der Defensive, denn weiterhin können „die Besten“ sich meist aussuchen wo es hingeht. Der Preispoker ist damit eröffnet.

Der Vorteil: Auch hier sparen Sie wieder eine Menge Zeit. Und am Ende stehen Ergebnisse. Außerdem heißt „die Besten“ einzustellen, sich eine Expertise ins Haus zu holen, die irgendwo das „gewisse Extra“ hat. Sei es besondere akademische Kompetenz, besonders breiter Aufstellung oder ein herausragendes Netzwerk. Sie stellen bedarfsgerecht just-in-time ein und bündeln nicht ganz so viele Ressourcen, wie der Identifizierungs-Ansatz.

Der Nachteil: Jeder Recruiter kann Ihnen ein Lied davon singen, dass Kandidaten-Committment etwas komplett anderes ist, als Kandidaten-Suche. Denn jetzt geht es nicht mehr nur um Ihre Definition der „Besten“. Auch Kandidaten suchen „die beste Firma“ und wie die auf Kandidatenseite definiert ist, muss nicht mit Ihrer Definition übereinstimmen. Je eher Sie beide auf der Titel-Fokus-Seite stehen, umso mehr müssen beide auf den Tisch legen (z.B. Top-Gehalt, aber auch hohe Arbeitsbelastung). Je mehr es um die persönliche Passung geht, je weniger Unterschiede müssen Sie ausgleichen.

Fazit

Wir können uns schon einiges an Kummer ersparen, wenn wir einmal hinter die Fassade von „die Besten“ schauen. Was häufig wie eine Plattitüde klingt, hat so viel mehr Tiefe und die sollte allein schon aus Eigeninteresse auch ergründet werden. Denn gerade diese Unklarheiten sind es, die den Recruiting-Prozess aufhalten und sperrig machen. Bringen Sie also alle auf den selben Stand, was hier gesucht wird und welche Maßstäbe Sie anlegen. So sparen Sie sich viel Frust und Fachkräftemangel-Kommentare.

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Der Trainer war zu jeder Zeit flexibel, hilfsbereit und praxisnah. Er hat das Thema KCS sehr verständlich und nachhaltig transportiert. Ich kann sowohl den Workshop als auch den Trainer nur weiterempfehlen.

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“ […] Knowledge Management ist ein Thema von Menschen für Menschen – und diesen Geist verkörpert ihr mit viel Charme und Authentizität.

Bleibt menschlich so wie ihr seid und macht einfach weiter so. […]“

F. Lehmann , Schwarz IT KG