Im Weltmeister Magazin, einer Beilage der VDI nachrichten der letzten Woche, schreibt Günther H. Schust über das Konzept der „Supportive Leadership“. Er führt darin aus, dass eine Führungskraft im 21. Jahrhundert die Balance zwischen Management und Führung finden müsse.

Voraussetzung dafür sei, dass sich im Unternehmen ein kooperativer Führungsstil etablieren könne. Dazu müssten Führungskräfte ihre (hierarchiebedingte) Macht mit Mitarbeitern teilen, die zwar keine Hierarchen sind aber dennoch aufgrund von Wissen und Erfahrung Schlüsselpositionen inne haben.

Was auf den ersten Blick wie eine Einladung in eine dysfunktionale Symbiose aussieht, kann dazu führen, dass ein Dialog auf Augenhöhe stattfindet. Diese Form der Kommunikation macht Hierarchie dann letztlich auch überflüssig. Wichtig ist an der Stelle die Sinnhaftigkeit der Themen und Aufgaben, da sie Motivation bei den Mitarbeitern erzeugt. Wenn diese keinen Sinn wahrnehmen, wird keine Anschlussfähigkeit zwischen Management und Mitarbeitern bestehen.

Wer sich als Chef im Haus also unternehmerisch denkende Mitarbeiter wünscht, muss Ihnen auch den Handlungsrahmen bieten, das neue gewonnene Unternehmertun auszuleben. Im Unterschied zum Managen der Mitarbeiter bietet unterstützende Führung ein Umfeld, in dem Mitarbeiter wirksam werden und ihre Ziele erreichen können.

Schust führt im Artikel weiter über die motivierende Zielvereinbarung aus, die als Selbstverpflichtung beider Parteien verstanden werden sollte. Sowohl Mitarbeiter als auch führender Vorgesetzter müssen sich darüber auslassen, welchen Beitrag sie zum Erreichen der Ziele leisten wollen. Nur wenn die Führungskraft die Rahmenbedingungen für den Mitarbeiter richtig schafft, sprich der Handlungsrahmen aufgespannt wird, ist für die Balance zwischen Funktion, Macht und Verantwortung gesorgt.

Wie sieht die Managementkultur in der Realität aus?

Machen wir uns nichts vor.  In der Vielzahl deutscher Unternehmen wird noch immer entweder patriarchalisch oder nach dem Ingenieursmodell (Zahlen, Daten, Fakten) geführt. Der eine Stil ist auf den Chef oder Inhaber zentriert, der seinen Mitarbeitern wenig Spielraum für eigene Entscheidungen lässt. Der andere sieht im Unternehmen eine Art Maschine, die über Kennzahlen gesteuert und optimiert werden kann. Einzelne Menschen zählen hier wenig und sind austauschbar.

Die von Schust zitierte internationale Studie von Czipin & Proudfoot  über aktuelles Managerverhalten spricht eine deutliche Sprache: Die befragten Manager spendieren nur 25 % ihrer Arbeitszeit dem Begleiten und Führen ihrer Mitarbeiter. Gut 43 % gehen für bürokratische Verwaltungsaufgaben drauf und der Rest für Meetings und Geschäftsreisen.

Wenn die Mitarbeiter nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit ihrer Führungskraft stehen,  besteht die Gefahr einer rasch zunehmenden Demotivation. Wenn Aufgaben aufgrund fehlender Unterstützung nicht wahrgenommen werden können, wenn Strategie unklar und Ziele nicht erreichbar scheinen, dann flüchten viele Mitarbeiter in den Dienst nach Vorschrift oder – noch schlimmer – in die innere Kündigung.

Der vom Beratungsunternehmen Gallup seit zehn Jahren regelmäßig erhobene Engagement Index – von Schust auch genannt – beziffert die Anteile der Mitarbeiter konkret:

  • 66 %  der Mitarbeiter haben keine emotionale Bindung an ihr Unternehmen
  • 50 %  sind unterfordert und nicht ausgelastet
  • 30 % sind auf ihrer Stelle überlastet und
  • 18 % haben bereits innerlich gekündigt.

Diese Dysfunktionen führen letztendlich zur Verschwendung von Ressourcen, die vermeidbar wären. Die Organisation muss eine Verantwortungskultur entwickeln, in der Zusagen gemacht und eingehalten werden. Dies setzt eine innere Haltung der Mitarbeiter und Führungskräfte voraus, die nicht verordnet werden kann.

Verantwortliches Management schafft eine Umgebung, in der Mitarbeiter über Strategien und Ziele informiert sind, sie im besten Fall sogar mit erarbeitet haben. Die Einbindung der Mitarbeiter in Planungen, das Nutzen der im System vertretenen Mitarbeiter und ihrer gesammelten Erfahrungen und Kenntnisse stiftet Sinn und damit Motivation. Wer seinen Mitarbeitern unternehmerisches Denken abverlangt, schafft ein kreatives Umfeld, in dem Veränderungen und Entscheidungen voran getrieben werden. Und er akzeptiert, dass seine Mitarbeiter durch die neuen Pflichten auch neue Rechte benötigen, um wirksam werden zu können.