Im September 2021 haben wir den Entschluss gefasst, die gesamte KCS Library des Consortiums for Service Innovation ins Deutsche zu übersetzen. Wir haben uns lange deutschsprachige Materialien gewünscht, denn wir haben in jedem Workshop erlebt, dass die Sprachbarriere existiert. Auch wenn es bei Weitem nicht unmöglich war, es war unangenehm. Unangenehm für uns, weil spontane Übersetzungen nie so richtig treffen. Manchmal haben wir damit mehr Chaos gestiftet als geholfen. Unangenehm für unsere Teilnehmer, weil in einer Fremdsprache lernen einfach hart ist. Und wer den KCS® v6 Practices Workshop hinter sich hat weiß: der hat es schon allein fachlich in sich. Dazu eine Sprachbarriere hat den Workshop für viele zu einer einschüchternden Hürde gemacht.

Und als wir uns im Oktober endlich hingesetzt haben und angefangen haben, merkten wir: Halleluja, auch wir lernen KCS® ganz neu kennen. Nicht, dass sich irgendwelche Konzepte geändert hätten. Trotzdem schien alles nochmal ein bisschen sinnvoller, ein bisschen stimmiger, ein bisschen passender. In unserer Muttersprache über etwas zu reden hat etwas eigenartig Vertrautes. Plötzlich waren einige Konzepte gar nicht mehr so abstrakt. Die erste Lektion, die wir also gelernt haben war

Lektion 1: In unserer Muttersprache zu lernen, gibt uns ein sichereres Gefühl

Diese ziemlich frühe Erkenntnis führte uns zu einem neuen Ziel: alles, was wir übersetzen können, übersetzen wir. Wir streichen alle Anglizismen.

Zugegeben, 100% haben wir dieses Ziel nicht erreicht. Management, Coach und Team haben wir zum Beispiel nicht ersetzt. Nicht, dass wir es nicht versucht hätten. Das Ziel hinter dem Ziel war, so verständlich und zugänglich wie möglich zu sein. Unsere Ersatzbegriffe stellten sich letztlich aber als zu sperrig hinaus. Deshalb haben diese Begriffe mit anglistischen Wurzeln ihren Platz behalten. Wahrscheinlich sind sie deshalb in unseren Sprachgebrauch übergegangen.

Auf der anderen Seite gab es viele – und wir meinen VIELE – Begriffe einer völlig anderen Rubrik: „Anglizismen, die rumgeschleudert werden, weil niemand nach einer guten Übersetzung sucht und von denen niemand so richtig weiß, was sie heißen“. Ownership, Return on Investment und Value sind nur eine Handvoll harter Nüsse, an denen wir uns zeitweise die Zähne ausgebissen haben. Das Problem ist weniger, dass diese Begriffe nicht treffen. Das Problem ist, dass es schlicht und einfach kein Äquivalent in der deutschen Sprache gibt, dass exakt denselben Verwendungsumfang hat, wie diese Anglizismen. Wahrscheinlich denken Sie jetzt „Value und Wert ist doch ganz einfach!“ Sie haben Recht, aber schauen Sie trotzdem mal in den Practices Guide und zählen Sie, wie oft „value“ mit der Bedeutung „Nutzen“ versehen wird. Und das materiellere „Wert“ und der praktischere „Nutzen“ wollen mal unterschieden und mal zusammen gemeint werden.

Diese unterschiedlichen, nicht exakt übereinstimmenden Begriffe haben uns klarer und schmerzlicher als je zuvor vor Augen geführt:

Lektion 2: Es gibt bezeichnende Kulturunterschiede zwischen Corporate America und dem deutschen Mittelstand

Das Spannende daran ist: diese Kulturunterschiede betreffen zahlreiche Umsetzungsbeispiele – aber erstaunlich wenige der grundlegenden Konzepte. Was uns motiviert und dass wir besser lernen, wenn uns jemand mit Tipps und Antworten zur Seite steht, ist kulturübergreifend beständig.

Die Beständigkeit hört da auf, wo Regeln anfangen. Einer der eklatantesten Unterschiede bleibt der Datenschutz und die Einstellung zur Sammlung riesiger Datenmengen. Rechtfertigt die Chance auf ein besseres Kundenerlebnis wirklich die Datensammlung durch extensive Click-Stream-Analysen? Und sind Lob, Anerkennung und Rückmeldung wirklich die Auswertungen von Verhalten am Arbeitsplatz wert?

Die USA treten hier sehr chancenorientiert auf, der deutschsprachige Raum eher risikoavers. Und beide zeigen dem anderen damit seine Schwächen auf. Die schwindelerregenden Zahlen, die uns amerikanische Unternehmen in ihren KCS in Action Vorträgen präsentieren, werden in Teilen mit dem Verzicht auf die Zurückhaltung und Vorsicht erkauft, die uns hier ein gutes Gefühl geben, uns aber teilweise auch stark ausbremsen. Wo die Grenze ist und vielleicht sogar der schmale Grad der Ausgeglichenheit wird uns noch lange beschäftigen. Es ist ein Autonomie-Paradox: fühlen Sie sich eher am Steuer, wenn der Bordcomputer Ihnen den Status in Echtzeit abbildet und Sie so autonom agieren und die Fahrt der Witterung oder Staus anpassen können? Oder fühlen Sie sich autonomer, wenn Sie entscheiden können, dass Sie statt des technischen Firlefanzes lieber die Falk-Karte mitnehmen? Das, was Sie kriegen, wird Sie motivieren, die Abwesenheit des anderen Sie demoralisieren.

Vielleicht liegt die Autonomie erstmal darin, sich für eines der Systeme entscheiden zu können und sich willentlich darauf einzulassen. Langfristig hat Lamentieren aber noch niemandem weitergeholfen. Die Zukunft von KCS in Deutschland wird sich darin entscheiden, wie wir die Umstände betrachten und nicht, welchen Weg wir einschlagen. Deshalb ist unsere dritte Lektion, die wir gelernt haben:

Lektion 3: Deutschland ist ein anderes Spielbrett als die USA. Das Spiel bleibt das gleiche – aber ein neues Spielfeld braucht neue Strategien.

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Zertifizierter KCS v6 Trainer

„We are thrilled to have Kai Altenfelder join our elite group of Certified KCS Trainers. Kai not only brings rich experience as trainer and consultant he has had first hand experience with KCS in an operational environment as an early adopter of KCS at SUSE Linux / Novell. Kai recently hosted a KCS Practices v5 workshop in Stuttgart. Congratulations to our first group of KCS Practices v5 Certified people in Germany!”

Greg Oxton, Executive Director, Consortium for Service Innovation

Der Trainer war zu jeder Zeit flexibel, hilfsbereit und praxisnah. Er hat das Thema KCS sehr verständlich und nachhaltig transportiert. Ich kann sowohl den Workshop als auch den Trainer nur weiterempfehlen.

A. Lechner, Knowledge Management Methods, Continental AG

Danke Herr Altenfelder! Sie haben wirklich keine Mühe gescheut, den Online Kurs über KCS Practices so bereichernd und umfassend zu gestalten, dass man mit maximalem Gewinn heraus geht. Es wurde nie langweilig und es war jederzeit möglich, jede Frage und Unklarheit zu besprechen. Mir hat der Kurs geholfen, von dem Gefühl zur Gewissheit überzugehen, dass KCS vielen drängenden Anforderungen dieser Zeit gerecht wird. Das Wissen aus dem Kurs kann ich nun anwenden. Überall wo Wissen geteilt werden soll, macht KCS Sinn – und Spaß – und das sowohl Mitarbeitern wie auch Kunden! Ich empfehle Sie und die Methodologie gerne weiter.

J. Thebe