Bei allem Interesse und Zuspruch zur Methodik des Knowledge Centered Support (KCS) an sich, den ich in den letzten Wochen begegne, ist ja die Frage berechtigt, ob es tatsächliche Nachfrage nach deren Kenntnis gibt. Braucht es KCS-zertifiziertes Personal?

Die Methodik des Knowledge Centered Support wurde vom Consortium for Service Innovation in den USA entwickelt. Das Consortium ist eine non profit-Organisation und besteht seit 1992. Zu seinen Mitgliedern gehören heute Unternehmen wie Autodesk, Cisco, Dell, HP Entreprise, Intel, Microsoft, Oracle, Redhat, Salesforce, SAP, Schneider Electric und viele andere.

Fast 25 Jahre Entwicklung der Methode

In den ersten Jahren des Consortiums lag der Fokus darauf, die Methode rein für den Einsatz bei den Mitgliedsunternehmen zu entwickeln. Ohne Gewinnerzielungsabsichten war keine Marketingstrategie – und erst recht kein -budget – für die Eroberung neuer Märkte vorhanden. Das erklärt, warum die Methode  weitgehend nur in den Ländern bekannt blieb, in denen die Mitgliedsunternehmen ansässig waren. Da KCS jedoch unter eine Creative Commons-Lizenz (by-nc: Namensnennung, nicht-kommerzielle Nutzung) gestellt wurde, fing die Methode an, sich langsam darüber hinaus zu verbreiten.

Seit 2010 gibt es die KCS Academy, die als Wirtschaftsbetrieb des Consortiums nun Schulungen und Zertifizierungen auch für Interessierte außerhalb der Mitgliederschaft anbietet. Dazu bedient sie sich sowohl interner als auch externer zertifizierter Trainer. Diese externen Trainer sind meist in Beratungsunternehmen mit Schwerpunkt Service Management tätig und bieten Inhouse- oder offene Seminare zu KCS an. Zurzeit gibt es 16 von der KCS Academy zertifizierte Trainer, davon neun in Nordamerika und sechs in Europa (drei davon innerhalb der letzen 12 Monate).

Wer nutzt KCS heute und warum?

Die Liste der Consortiums-Mitglieder weist überwiegend Technologieunternehmen auf oder solche, die sich hoch entwickelter Technologie für die Erbringung ihrer Dienstleistungen bedient. Dazu gehören große Spieler aus der Hard- und Software-Welt, der Telekommunikation, aber auch der Automatisierungstechnik, der Logistik und andere Dienstleister. Universitäten und andere Organisatioen mit internen Servicestrukturen finden sich ebenfalls darunter. Vom börsennotierten Weltkonzern über den Mittelstand bis zu Kleinunternehmen sind alle Organisationsgrößen darunter vertreten. Venafi beispielsweise ist mit zwei Support-Analysten gestartet und hat heute immerhin zwölf Mitarbeiter in ihrer Serviceorganisation. Zum Vergleich, die Teilnehmer des ersten KCS-Workshops in Deutschland haben zwei Unternehmen mit jeweils 30-50 Mitarbeitern, eines mit 250-500 Mitarbeitern und zwei internationale Konzerne vertreten.

Historisch bedingt setzen die meisten dieser Unternehmen die KCS-Methodik in ihren Service- und Support-Organisationen und internen User Helpdesks (UHD) ein. Es gibt jedoch mehr und mehr Berichte darüber, dass KCS erfolgreich in nicht-technischen Organisationen eingeführt wurde. Salesforce beispielsweise nutzt KCS intern im HR-Bereich, um die Fragen rund um die Eingliederung neuer Mitarbeiter – das sogenannte Onboarding – zu strukturieren und effizienter zu beantworten.

Das Consortium trägt diesem Trend mit der Weiterentwicklung der KCS-Methode in Version 6 Rechnung, die konsequenterweise nun in Knowledge Centered Service umbenannt wurde. Künftig sollen damit Anwendungsszenarien unterstützt werden, in denen es weder Cases, Tickets, Incidents oder andere Formen von vorgangsbasiertem Service gibt.

Eine ganze Reihe weiterer Fallstudien zu erfolgreichen KCS-Einführungen sind auf der Webseite der Academy aufgelistet.

Kurz gefasst entscheiden sich Unternehmen heute dafür KCS einzuführen, weil sie die Notwendigkeit sehen, ihre Service- und Support-Leistungsfähigkeit skalieren und ausbauen zu können, ohne Personal und Budget aufstocken zu müssen.

Stellenzeigen fordern Kenntnisse und KCS-zertifiziertes Personal

Internationale Unternehmen mit deutschen Niederlassungen nutzen KCS schon seit längerer Zeit. Da hier die Ausbildung in der Regel jedoch aus der Mutterorganisation gesteuert, firmenintern erfolgt, gab es bislang wenig Nachfrage nach offenen Seminaren. Das ändert sich gerade.

Im Ursprungsland der KCS-Methode ist es vollkommen alltäglich, dass in entsprechenden Stellenanzeigen mindestens nach Kenntnissen, lieber nachweisbaren Erfahrungen, zum Teil auch Zertifizierung gefragt wird. Vereinzelt kommen erste Anzeigen auch in Deutschland vor, dann meist von den erwähnten internationalen Unternehmen:

  • Docker (CA), „Experience with knowledge-focused support delivery (e.g. Knowledge Centered Support)„, Stellenanzeige abgerufen am 14.09.2016  
  • Pomeroy (FL), „driving the knowledge management process, including the use of Knowledge Centered Support (KCS) methodologies“, Stellenanzeige abgerufen am 14.09.2016  
  • COUNTRY Financial (IL), „responsible for the overall development, delivery, and optimization of knowledge management program and strategies
    […] Knowledge Centered Support“, Stellenanzeige abgerufen am 14.09.2016
  • Dell Software Group (CA), „solving issues in a customer focused Knowledge Centered Support (KCS) environment„, Stellenanzeige abgerufen am 14.09.2016
  • Franklin County (OH), „Knowledge of […] Knowledge Centered Support„, Stellenanzeige, abgerufen am 14.09.2016
  • Aptean Inc. (SC), „Create KB articles and documents using the Knowledge Centered Support (KCS) methodology, to be published and shared both internally and with the customer base.“, Stellenanzeige abgerufen am 14.09.2016
  • Education Management Corp. (AZ), „Acquires and applies relevant knowledge of concepts related to broader role function, e.g. […] knowledge centered support„, Stellenanzeige, abgerufen am 14.09.2016
  • Pomeroy (FL), „Responsible for all phases of Knowledge Management and Knowledge Centered Support (KCS)“, Stellenanzeige, abgerufen am 14.09.2016
  • Software-Unternehmen Northampton (UK), “ Knowledge Centered Support (KCS) methodology“, Stellenanzeige, abgerufen am 14.09.2016
  • Vencore (VA), „…improve […] practices in the areas of […] knowledge centered support“, Stellenanzeige, angerufen am 14.09.2016
  • Emerson Electric Company (FL), „…following the Knowledge Centered Support guidelines“, Stellenanzeige, abgerufen am 14.09.2016
  • Salesforce (Berlin): „KCS certified“, Stellenanzeige, abgerufen am 30.08.2016
  • First Republic Bank (CA): „Understanding of Knowledge Centered Support (KCS) concepts and/or Knowledge Management..:“, Stellenanzeige abgerufen am 30.08.2016
  • Columbia University (NY): „Knowledge Centered Support Publisher Certification„, Stellenanzeige abgerufen am 26.08.2016
  • PPG Industries, Inc. (PY): „The Service Analyst job family forms part of the Service Management track within the IT function. Members of this family provide support to end-users and provide pro-active monitoring of PPG’s computer system through ITIL methodology best practices of Incident, Problem and Knowledge centered support.“ Stellenanzeige abgerufen am 26.08.2016
  • Randstand USA (OH): „…using Knowledge Centered Support ( KCS ) methodologies resulting in outstanding customer service experiences.“, Stellenanzeige abgerufen am 19.08.2016
  • Aptean Inc. (IN): „Create KB articles and documents using the Knowledge Centered Support (KCS) methodology, to be published and shared both internally and with the customer base.“, Stellenanzeige abgerufen am 16.08.2106

Auch die Hersteller von Software für Vorgangsbearbeitung und Wissensdatenbanken verweisen immer häufiger auf ihre Fähigkeit, KCS-Prozesse zu unterstützen. Eine gute handvoll Unternehmen hat ihre Lösungen offiziell verifizieren lassen, andere behaupten zumindest, die KCS-Praktiken abzubilden. Es wird voraussichtlich nicht mehr lange dauern, dass eine entsprechende Software-Lösung KCS unterstützen muss, um im Auswahlprozess der Kaufinteressierten berücksichtigt zu werden.

Die Erfahrung der Consortiums-Mitglieder zeigt übrigens in diesem Zusammenhang, dass es erfolgsversprechender ist, sich erst mit der Gestaltung der KCS-Prozesse zu beschäftigen und dann auf Einkaufstour zu gehen. Eine Erfahrung, die ich persönlich aus ähnlichen Bereichen bestätigen kann.

Ohne konkrete Namen zu nennen, kann ich offenlegen, dass mich seit Frühjahr diesen Jahres Anfragen zu KCS aus den Bereichen IT, produzierendes Gewerbe, Dienstleistungen, Behörden und Nichtregierungs-Organisationen erreicht haben. Der Bedarf für KCS-zertifiziertes Personal ist vorhanden, auch hierzulande. Der nächste offene KCS Practices Workshop mit Zertifzierung findet vom 28.-30.11.2016 in Berlin statt.