Der dritte Artikel der Serie über Unternehmensmetaphern handelt von der Organisation als Organismus. Dieses Bild sieht das Unternehmen als lebendes System, das in einer Umwelt lebt, von der es bei der Befriedigung verschiedener Bedürfnisse abhängt.

Während Taylor mit seinem Taylorismus die Planung einer Organisation noch als rein „technisches Problem“ (G. Morgan) angesehen hat, kommen in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts neue Erkenntnisse aus Organisationspsychologie und Biologie ins Spiel.

Die Frage nach der Motivierbarkeit von Belegschaften brachte Forschungsergebnisse wie die von Maslow und seiner Bedürfnispyramide  und ihrer Übersetzung in die Arbeitswelt von Chris Argyris hervor. Mit der Systemtheorie wurde ein Verständnis dafür geschaffen, welchen Einfluss das Umfeld auf die Struktur von Organisationen hat und welche Wechselwirkungen dort bestehen.

Danach besteht ein System aus Subsystemen, genau wie Organismen aus Organen mit Zellen und Molekülen bestehen. Sollen sich verschiedene Subsysteme aneinander anpassen, gelten bestimmte Prinzipien für die Schaffung von Übereinstimmungen und die Vermeidung von Störungen.

Damit kommen der Aspekt der Anpassung an veränderte Umgebungen, der Lebenszyklus von Organisationen, verschiedene Arten (Spezies) von Organisationen etc. in den Blick. Die Anhänger der Kontingenztheorie führten ins Feld, es bestünde eine „Abhängigkeit des Vorgesetzten von seinen persönlichen Eigenschaften und von der Beziehung zu den Geführten“.

Es gibt mithin nicht die eine beste Organisationsform, sondern es kommt immer auf die Anpassung mit der Umwelt und den Abgleich mit den internen Bedürfnissen an. Der Erfolg einer Organisationen beruht in diesem Ansatz auf der „Passung“ zwischen Organisation und Umfeld. Daher kann es in der Praxis eine Vielfalt ausgesprochen erfolgreicher Organisationen geben.

In der Literatur finden sich z.B. die Maschinenbürokratie, Expertenbürokratie (beide H. Mintzberg), einfacher Linienorganisation oder auch Adhocratien (W. Benns), andernorts auch projektbasierte Organisation genannt. Diese Form wird häufig in Matrixorganisationen vorgefunden, in denen für die Dauer von Projekten deren Teammitglieder aus den Linien heraus gezogen und in das Projekt entsendet werden („Plateaubildung“).

Ebenfalls durch die Biologie beeinflusst ist der populationsökologische Ansatz auf der Grundlage von Darwins Theorie von Variation, Selektion und Retention: Langfristig überleben danach nur die am besten angepassten Unternehmen.

Den Versuch, Kontingenztheorie und Populationsökologie zusammen zu führen, unternimmt die Organisationsökologie, indem sie die gegenseitige Abhängigkeit von Organismus um Umwelt postuliert: Organisationen sind miteinander verwoben und letztendlich aufeinander angewiesen.

Stärken der Metapher

Die Betonung liegt auf den Wechselwirkungen zwischen Organisationen und ihren Umfeldern. Das Überleben gilt als oberstes Ziel jeder Organisation. Durch unterschiedliche Formen von Organisationen wird hervorgehoben, dass es mehrere Wahlmöglichkeiten gibt. Die Metapher hat viel zu Theorie und Praxis der Organisationsentwicklung beigetragen und damit die Bedeutung von Unternehmensstrategie unterstrichen. Ihre Stärken liegen darin, dass

  • Kontextfaktoren und Organisationen als Prozesse begriffen,
  • verschiedene Arten von Organisationen differenziert,
  • Vorteile von Innovationsprozessen erkannt und
  • Beziehungen zwischen Organisationen (Ökologie) betrachtet werden.

Die Berücksichtigung von Bedürfnissen der Organisation ermöglicht dieser letztendlich größere Flexibilität.

 

Schwächen der Metapher

Ihre Grenzen: zu deterministisch, zu einseitig, leugnet Gestaltungsmöglichkeit der Unternehmen, übersieht dass Organisationen nicht nur konkurrieren, sondern auch kooperieren. Es geht um das „Überleben das Passenden“, nicht unbedingt um das Überleben des Best-Angepassten.

  • Organisationen sind sozial konstruiert und keine »realen« Organismen.
  • Kultur, Politik und materielle Umstände werden ausgeklammert.
  • Es besteht die Möglichkeit, verleitet zu werden, sich Kräften passiv ausgeliefert zu sehen.

Nicht alle Organisationen sind funktionale, harmonische Einheiten. Die Metapher kann dazu verleiten, ideologisch zu werden (bis hin zu Sozialdarwinismus). Diese Ideologie kann sich in einem sozialen Druck äußern, der den Widerstand vor Veränderung schmelzen lässt.

Erweiterung der Metapher für Veränderungen

Der Charakter der Metapher erlaubt, den ständigen Wandel der Umwelt zu thematisieren und sich der komplexen, unplanbaren Zusammenhänge bewusst zu werden. Die Reaktion und Anpassung auf diesen permanenten und schnell ablaufenden Wandel kann zu einer Kultur der Achtsamkeit führen, die ihre Umgebung sorgfältig beobachtet. Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass der ständige Wandel nicht nur zu hektischer Veränderungen führt. Es hat eine „Trauerarbeit“ stattzufinden, die die bisherigen Strukturen wertschätzt und dadurch den Weg nach vorne freimacht.